Flüssigkeiten fließen von der Schwerkraft geleitet nach unten. Das ist eine physikalische Tatsache, und überall dort, wo es erforderlich ist, eine Flüssigkeit gegen den Zug der Schwerkraft zu transportieren, haben Menschen seit Jahrhunderten Systeme aus Rohren und Pumpen verwendet. Forscher der Brandeis University im US-Bundesstaat Massachusetts haben nun eine Flüssigkeit entwickelt, die ganz von selbst der Schwerkraft trotzen kann, ohne das Pumpen zum Einsatz kommen müssen. Das Geheimnis der neu entwickelten Flüssigkeit liegt dabei in Mikrotubuli.


Mikrotubuli sorgen für Bewegung

Mikrotubuli sind winzige, hohle Röhren, die einen Grundbaustein biologischer Zellen darstellen. Indem sie sich dehnen, biegen und ihre Größe verändern, erlauben sie Zellen, sich an ihre Umgebung anzupassen.


Für die Entwicklung der Flüssigkeit griffen die Forscher auf Mikrotubuli aus den Gehirnen von Kühen zurück und kombinierten diese in einer Lösung mit zwei anderen Molekülen, die sich häufig in Zellen finden: Dem Protein Kinesin und dem Nukleotid Adenosintriphosphat (ATP). In Zellen konsumiert Kinesin ATP als Energielieferant und bewegt sich so an den Mikrotubuli entlang. Dabei transportiert Kinesin verschiedene Moleküle an ihren Bestimmungsort.

Das Brandeis-Team nutzte diesen Prozess, um eine Flüssigkeit zu erschaffen, die sich im Endeffekt selber pumpen kann. Die Mikrotubuli in der Flüssigkeit arrangieren sich in parallelen Linien und werden dann von Kinesin-Molekülen miteinander verbunden. Bei der Konsumierung von ATP bewegt das Kinesin sich dann jeweils an einem der Mikrotubuli entlang und drückt das verbundene Mikrotubuli-Paar so auseinander, bis dieses sich trennt.

Dieser Prozess wiederholt sich stetig, wodurch Strömungen in der Flüssigkeit erzeugt werden. Den Forschern gelang es, diese einzelnen Strömungen so zu manipulieren und zu koordinieren, dass sich daraus eine Gesamtströmung mit einer Richtung ergibt, was wiederum dazu führt, dass die Flüssigkeit in diese Richtung fließt.

Die Forschung befindet sich noch in den Kinderschuhen, aber laut den Forschern handelt es sich um erste Schritte in Richtung einer frei fließenden Flüssigkeit, die keinen menschlichen Einfluss und keine mechanische Unterstützung benötigt. Eine derartige Technologie hätte massive Einsatzmöglichkeiten, unter anderem etwa Öl, dass sich ohne den Einsatz von Pumpen durch Pipelines bewegt.

via New Atlas

4 Kommentare

  1. Jens Allerheiligen

    28. März 2017 at 19:48

    Wenn es diese Flüssigkeit tatsächlich geben würde, dann bräuchte man damit kein Öl transportieren. Man könnte sie direkt in einem Kraftwerk einsetzen. Klingt nach perpetuum mobile.

  2. Achmed Khammas

    28. März 2017 at 21:58

    Wenn man sich allerdings daran erinnert, daß pro SEKUNDE tausende Tonnen Wasser über viele hunderte Meter in die Atmosphäre aufsteigen – ebenfalls ganz ohne Pumpen!! – dann ist die VERDUNSTUNG ein sicherlich wesentlich ertragreicheres Forschungsfeld. Bei dem man zudem auch die Gehirne von Kühen in Ruhe lassen kann…

  3. Alexander Trisko

    29. März 2017 at 01:57

    Absolut nicht. Die im ATP gespeicherte Energie muss ja auch irgendwo herkommen. Das hat mit einem Perpetuum mobile nichts zu tun.

  4. Matthias Paschke

    29. März 2017 at 02:56

    Man kennt solch eine Flüssigkeit schon seit langem: ultrakaltes flüssiges Helium. Durch quantenmechaniche Vorgänge fliesst flüssiges Helium an den Wänden des ihn enthaltenen Gefäßes hoch…

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