Der Erreger Pseudomonas aeruginosa kann vor allem bei Menschen mit chronischen Lungenerkrankungen wie Mukoviszidose oder Bronchiektase zu folgenschweren Infektionen führen. Zurückzuführen ist dies auch auf zwei sich gegenseitig verstärkende Effekte. Zum einen treffen die Bakterien auf ein ohnehin geschwächtes Immunsystem. Zum anderen haben die Erreger verschiedene Methoden entwickelt, um der Immunabwehr und sogar dem Angriff durch Antibiotika zu entgehen. Diese Resistenzen werden immer stärker zum Problem. Zumal weltweit auch die Entwicklung neuer Antibiotika stockt. Forscher am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung setzen daher nun auf einen neuen Ansatz: Sie wollen die chemischen Kommunikationswege der Bakterien unterbrechen. Im Idealfall hätte dies einen doppelten Effekt. So könnten einerseits direkt die krankmachenden Eigenschaften eingedämmt werden. Hinzu kommt aber noch ein indirekter Effekt: Die Forscher hoffen, so auch die von den Bakterien entwickelten Abwehrmaßnahmen gegen Antibiotika umgehen zu können.


Bild: HIPS/Hamed

Der Empfang der Kommunikationssignale wird bewusst gestört

Wie bereits erwähnt steht bei dem neuen Ansatz die Kommunikation zwischen den Erregern im Mittelpunkt. Diese sorgt beispielsweise dafür, dass die Bakterien gemeinsam Stoffe absondern, die die Wirkung des Immunsystems unterdrücken. Außerdem wird die Bildung von entzündungsfördernden Substanzen auf diese Weise eingeleitet. Selbiges gilt für die Entstehung von Biofilmen, die den einzelnen Erreger vor den eingesetzten Antibiotika schützt. Damit ist klar: Würde es tatsächlich gelingen, die Kommunikation zwischen den Erregern zu stören, würde dies die Gefährlichkeit massiv reduzieren. Die Forscher konzentrierten sich daher auf den Rezeptor PqsR. Es geht also nicht darum, die Bakterien am Aussenden der chemischen Signale zu hindern. Stattdessen sollen Empfang und Entschlüsselung unterbunden werden. Mittels Röntgenkristallographie wurden daher die Strukturdaten der Rezeptoren detailliert analysiert. Anschließend entwarfen die Forscher eine neue Wirkstoffklasse, um diesen Angriffspunkt möglichst effektiv zu attackieren. Theoretisch ist dies gar nicht so schwierig.

Bei Mäusen erwies sich der Ansatz bereits als erfolgreich

In der Praxis allerdings müssen potenzielle Medikamente nicht nur wirksam sein, sondern auch möglichst wenig unerwünschte Wechselwirkungen und Nebenwirkungen verursachen. Die Forscher mussten ihre Formel daher kontinuierlich anpassen und verbessern. Bei klinischen Isolaten des Erregers Pseudomonas aeruginosa konnte so letztlich das gewünschte Ergebnis erreicht werden: Die Ausschüttung von entzündungsfördernden Molekülen wurde verhindert. Der schützende Biofilm wurde zudem aufgelöst, so dass Antibiotika ihre Wirkung wieder voll entfalten können. Folgerichtig konnte nachgewiesen werden, dass die gleichzeitige Gabe des Antibiotika Tobramycin und des neuen Wirkstoffs zu einer erfolgreicheren Behandlung führt. Selbiges gelang auch bei Experimenten mit lebenden Mäusen. Die neue Wirkstoffklasse besitzt also durchaus das Potenzial, die Ärzte beim Kampf gegen Krankenhauskeime zu unterstützen. Vor dem Einsatz bei menschlichen Patienten sind aber zunächst noch weitere aufwändige und großflächige Tests nötig, um weitere potenzielle Risiken auszuschließen.


Via: Helmholtz

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