Moderne Entwicklungen in der Materialwissenschaft drehen sich häufig darum, verschiedene gewinnbringende Eigenschaften in einem Material zu vereinen – und dabei oft auch in möglichst kleinen Dimensionen zu bleiben. ChemikerInnen rund um Yuwen Zeng vom Massachusetts Institute of Technology ist es nun gelungen, eine Art „Super-Polymer“ herzustellen, dass härter als Stahl ist, dabei aber leicht und ultradünn. Die Grundbausteine des organischen Materials bilden ein zweidimensionales Netz, das nur eine Moleküllage dick ist. Bild: Christine Daniloff, MIT Supermaterial in zwei Dimensionen Neuartige Materialien kommen oft zum Einsatz, wenn es darum geht, Konstruktionen besonders stabil und leicht zu machen oder mit besonderen Eigenschaften zu versehen. Das Geheimnis moderner Materialien liegt häufig in ihrer Molekülstruktur. Besonders zweidimensionale Materialien zeigen häufig besondere Merkmale, die sich in dreidimensionalen Alternativen nicht finden. Das Paradebeispiel hierfür ist Graphen, das allgemein als Supermaterial der Zukunft angesehen wird. Die Vorteile zweidimensionaler Strukturen gelten auch für Polymere – zumindest vermutet die Wissenschaft schon eine ganze Weile. Die einlagigen Kunststoffmaterialien könnten nicht nur eine erhöhte Festigkeit und Steife aufweisen, sondern auch die Vorteile gewöhnlichen Plastiks mitbringen, also eine geringe Dichte und einfache Herstellung. Allerdings gelang es bisher nicht, ein zweidimensionales Polymer-Material zu erzeugen. Ein typisches Polymer wird hergestellt, indem die Grundbausteine zusammengegeben und dann die nötigen Bedingungen geschaffen werden, unter denen sich diese Bestandteile von selber miteinander vernetzten. Diese Herstellungsmethode macht es jedoch schwer, die Ausrichtung der Bindungen zu kontrollieren, was der Herstellung zweidimensioneler Polymerstrukturen im Weg steht. Die Wissenschaft versucht bereits seit Jahrzehnten, dieses Problem zu umgehen und zweidimensionale Polymere herzustellen. Bisher blieben diese Versuche ohne Erfolg, weshalb nicht wenige WissenschaftlerInnen vermuteten, dass es sich um eine unlösbare Aufgabe handelt. Zweidimensionales Polymer ist ein Durchbruch Doch einem Team rund um den Chemiker Yuwen Zeng vom MAssachusetts Institute of Technology (MIT) gelang es nun, das Problem bei der Herstellung eines zweidimensionalen Polymers zu lösen. Dies gelang, indem die ForscherInnen zwei Grundbausteine für ihr Polymer wählten, die eine flächige Anordnung der Bindungen begünstigen. „ Unsere Hypothese war, dass eine starke Amid-Aromaten-Konjugation die Rotation von Bindungen aus der Ebene hemmt„, so die Forscher. Als Ausgangsstoffe für das Polymer kamen Pyridin sowie das stickstoffhaltige Ringmolekül Melamin zum Einsatz. Das Resultat ist eine einlagige Schicht, die nur in seitliche Richtung wächst. „Dieser Prozess passiert in Lösung spontan und wir können so folienartige Polymerfilme herstellen, in denen die Moleküle zweidimensional aneinander gereiht sind„, so Michael Strano, der an der Entwicklung des Polymers beteiligt war. Die so entstehenden zweidimensionalen Netzwerke können sich über Wasserstoffbrücken miteinander verbinden, sodass mehrschichtige Filme entstehen. Kugelsicheres Glas und Stahl haben das Nachsehen Die praktischen Eigenschaften des 2D-Polymer stellten die ForscherInnen dann in praktischen Tests auf den Prüfstand. Diese brachten vielversprechende Ergebnisse. Um das Material, dass das Team auf den Namen 2DPA-1 getauft haben, mit der Spitze eines Rasterkraftmikroskops einzudellen, wurde ein Druck von mehr als 12,7 Gigapascal benötigt. Das entspricht dem vier- bis sechsfachen Drucks, der bei kugelsicheren Glas benötigt wird. Noch besser fielen Tests bezüglich der Biegefestigkeit aus: „ 2DPA-1 zeigte eine Streckfestigkeit von 488 Megapascal. Das ist fast doppelt so viel wie bei Baustahl, obwohl es nur ein Sechstel von dessen Dichte hat„, so die WissenschaftlerInnen. Außerdem ist das Material undurchlässig für Wasser und Gase. Diese für ein Polymer ungewöhnlichen Eigenschaften ermöglichen neue Anwendungsbereiche. „Normalerweise denkt man bei Plastik nicht an etwas, mit dem man ein Gebäude stützen könnte. Aber mit diesem Material sind ganz neue Dinge möglich„, so Strano. Auch ein Einsatz für Schutzbeschichtungen, etwa von Autoteilen oder Handys, wäre möglich. Hinzu kommt, dass die Produktion des 2D-Polymers relativ problemlos skaliert werden kann, das die Moleküle sich quasi von selber aneinanderfügen, wenn die richtigen Bedingungen herrschen. via MIT Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter
Ohne Brillen oder Kontaktlinsen: So soll Kurzsichtigkeit schon in jungem Alter unter Kontrolle gebracht werden