Viren befallen so zu ziemlich alles, was lebt, und darin sind sie wirklich pardonlos. Sie machen sich genauso ber Säugetiere her wie über Wirbellose, Pflanzen und Pilze aller Art. Sogar Bakterien sind vor ihnen nicht sicher. Fressfeinde haben sie keine, so dachte man bislang. Aber an dieser Stelle ist den Wissenschaftlern etwas entgangen; neue Erkenntnisse stehen ins Haus.


Viren stehen (eigentlich) auf keinem Speiseplan

Viren sind normalerweise nur Beifang und keine Nahrung

Sie heißen Picozoa und Choanoflagellaten (Kragengeißeltierchen) und sie sind einzellige Meeresbewohner. Auf ihrem Speisezettel stehen Unterwasserviren – das haben Forscher des Bigelow Laboratory for Ocean Sciences entdeckt. Ramunas Stepanauskas und sein Team veröffentlichten das Ergebnis der entsprechenden Studie in der Fachzeitschrift Frontiers in Microbiology und verursachten damit einigen Wirbel. In den Verdauungssystemen zahlreicher Organismen finden sich regelmäßig Viren, doch die gelangen nicht durch gezielte Nahrungsaufnahme dorthin. Sie sind nichts weiter als Beifang, also eher zufällig in die Bakterie oder den Einzeller hineingeraten.

Forscher sequenzierten die DNA von 1.700 Einzellern

Die Wissenschaftler untersuchten nun 1.700 marine Einzeller aus Mittelmeer und Atlantik und sequenzierten ihre DNA. Auf diese Weise stellten sie die Zugehörigkeit zu bestimmten Arten fest und bestimmten auch ihre Nahrung. In den meisten Proben fanden sie das Erbgut von Viren und Bakterien, genau, wie erwartet. Doch bei den Picozoa und den Choanoflagellaten fanden sie ausschließlich Viren-DNA: eine echte Besonderheit. Um Beifang zu Bakterien kann es sich also nicht handeln, abgesehen davon, dass Bakterien für die winzigen Einzeller schlichtweg zu groß sind. Auch als Wirte für die gefundenen Viren kommen die Wasserorganismen nicht infrage, denn es handelt sich zumeist im Keime, die Bakterien befallen. Es bleibt also nur noch eine Schlussfolgerung übrig: dass es sich um die ersten bekannten Virenfresser der Welt handelt. Vielleicht auch die einzigen dieses Planeten.


Stepanauskas zeigt sich überrascht, »weil dieses Ergebnis den gängigen Vorstellungen zur Rolle der Viren und Protisten im marinen Nahrungsnetz widerspricht.“ Hier zeigt sich wieder einmal, dass festgefügte Vorstellungen in der Wissenschaft durchaus mittels neuer Erkenntnisse gesprengt werden können.

Quelle: forschung-und-wissen.de

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