Stickstoff spielt eine wesentliche Rolle beim Pflanzenwachstum. Der Einsatz von künstlichem Stickstoffdünger gehört in der Landwirtschaft daher zum Alltag, um möglichst hohe Erträge zu sichern. Dies belastet die Umwelt. Ein Team der Universität Paris hat nun ein Konzept erarbeitet, wie sich bis 2050 in Europa eine nachhaltige Landwirtschaft realisieren ließe, in der auf künstlichen Stickstoffdünger verzichtet werden könnte.


Die Rolle von Landwirtschaft im Klimawandel

Biolandbau ohne Stickstoffdünger existiert bereits – ist aber nicht immer eine Lösung. Der erhöhte Flächenbedarf macht nicht selten den zusätzlichen Import von Lebensmitteln nötig. Im schlechtesten Fall werden die Treibhausgasemissionen dadurch sogar noch erhöht.


Forscher rund um Gilles Billen von der Universität Paris nahmen diesen Umstand zum Anlass, die landwirtschaftliche Entwicklung im Raum Europa seit 1960 zu untersuchen und zu analysieren, wie bis 2050 eine nachhaltige Landwirtschaft realisiert werden könnte, mit der alle Menschen in Europa ernährt werden könnten. Dabei achteten die Forscher darauf, den Stickstoffkreislauf so effizient wie möglich zu gestalten.

Die bisher zu beobachtende Entwicklung des europäischen Agrar- und Ernährungssystems ist durch eine niedrige Effizienz bei der Nutzung von Nährstoffen und durch schädliche Stickstoffverluste in die Umwelt gekennzeichnet, die die Wasser-, Luft- und Bodenqualität gefährden und zum Klimawandel beitragen„, sagen die Forscher über ihre Studie.

Verzicht auf künstliche Stickstoffdünger

Die Forscher fanden heraus, dass die menschliche Ernährung im Vergleich zu den 1960er-Jahren deutlich stickstoffreicher geworden ist, also proteinreicher. 2013 kamen 55 Prozent der aufgenommenen Proteine aus tierischen Quellen. 1961 waren es 35 Prozent. Die landwirtschaftlich nutzbare Fläche in Europa ist gleichzeitig weniger geworden. Viehhaltung und Ackerbau werden daher zunehmend räumlich voneinander getrennt. Stickstoffreiche Gülle ist daher regional ein Problem, während die Bauern woanders auf synthetische, stickstoffhaltige Dünger zurückgreifen müssen, um den Ertrag ihres Getreideanbaus zu maximieren.

Das Konzept von Billen und seinen Kollegen sieht daher eine grundlegende Umstellung der Landwirtschaft vor. So empfehlen die Forscher etwa lange, diversifizierte Fruchtfolgen, in deren Rahmen stickstofffixierende Zwischenfrüchte wie etwa Hülsenfrüchte dem Boden wieder Stickstoff zuführen können. Außerdem müsse die Viehhaltung und der Ackerbau wieder mehr miteinander verzahnt werden. „ Um eine vollständige Verbindung zu gewährleisten, muss das Vieh lokal gefüttert werden, ohne dass Futtermittel aus weiter Entfernung importiert werden, und seine Ausscheidungen müssen auf Acker- und Grünland zurückgeführt werden„, so die Forscher. Dies ermögliche einen kompletten Verzicht auf künstlichen Stickstoffdünger.

Nicht ohne Ernährungsumstellung

Ein derartiges System würde zwar eine deutlich weniger intensive Landnutzung erlauben und somit zu geringeren Erträgen führen, was aber dadurch ausgeglichen würde, dass ein höherer Anteil davon für die Ernährung der Menschen zur Verfügung stünde. Aktuell sei es so, dass etwa 75 Prozent der europäischen Getreideproduktion als Viehfutter genutzt werde, so die Forscher. Die Umstellung auf eine schwerpunktmäßig lokale Ernährung von Nutztieren, idealerweise mit Gras und für Menschen schlecht verwertbare Teile von Getreidepflanzen, würde dazu führen, dass mehr Getreide für die menschliche Ernährung übrig bliebe. Außerdem sieht das Konzept eine Reduzierung der Tierbestände vor, sodass weniger Gülle anfällt und das Grundwasser geschont wird.

Eine solche Umstellung funktioniert natürlich nicht, ohne dass auch die menschliche Ernährung umgestellt wird. Insbesondere müsse der Fleischkonsum verringert werden. Die Forscher schlagen einen Ernährungsmix vor, der den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation entspricht – also 45 Prozent Getreideprodukte, 15 Prozent frisches Obst und Gemüse, zehn Prozent Hülsenfrüchte und 30 Prozent tierische Produkte wie Eier, Milch und Fleisch.

Sollte dies gelingen, so könne ganz Europa im Jahr 2050 über eine nachhaltige Landwirtschaft mit einer gesunden Ernährung versorgt werden, die nicht abhängig von synthetischen Stickstoffdüngern, Pestiziden und importierten Eiweißfuttermitteln ist und dabei auch noch die Wasserressourcen schont. Dabei bliebe sogar genügend Getreide übrig, um die nicht benötigten Mengen zu exportieren.

via CNRS

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.