Das effiziente Recycling von Plastikabfällen stellt auch Industrienationen wie Deutschland nach wie vor vor Herausforderungen. Eine mögliche Lösung könnte der Einsatz von Enzymen sein, die die jeweiligen Kunststoffe zersetzen. Häufig ist dies jedoch noch mit viel Aufwand und Energiekosten verbunden. Forscher:innen haben nun ein Enzym aus Komposterde isoliert, das beim Abbau von PET-Kunststoff besonders schnell und effizient arbeitet. Die Entdeckung eröffnet neue Chancen für das Plastik-Recycling. Foto: Water bottle, faungg’s photos, Flickr, CC BY-SA 2.0 Kunststoffrecycling bleibt ein Problem Kunststoffe sind in unserer Umwelt inzwischen allgegenwärtig. Die entsprechenden Polymere sind kaum biologisch abbaubar und bleiben, wenn sie einmal in die Umwelt gelangen, oft mehrere hundert Jahre dort. Aus diesem Umstand ergeben sich auch Herausforderungen in der Entsorgung. Auch heute noch wird ein hoher Anteil des Kunststoffmülls verbrannt und nicht recycelt. Dies liegt vorrangig daran, dass die Wiederverwertung der Kunststoffe verhältnismäßig aufwändig ist. Enzyme, die Polyurethan oder PET abbauen, können hier mittelfristig eine Lösung sein. PET-abbauende Enzyme bezeichnet man als polyesterspaltende Hydrolasen. Wie ihr Name schon andeutet, spalten diese Enzyme die Bindungen zwischen Terephthalsäure und Ethylenglycol, den beiden Bestandteilen von PET. So wird der Kunststoff zersetzt. Bisher ist das Enzym LCC, das 2012 in Japan entdeckt wurde, als erfolgreichstes Enzym, wenn es um die Zersetzung von PET geht. LCC ist jedoch nur bedingt effizient, weshalb die Suche nach gut und effizient arbeitenden polyesterspaltenden Hydrolasen noch nicht beendet ist. PHL7: Neues Enzym für schnelleren Abbau Ein Team rund um Christian Sonnendecker von der Universität Leipzig könnte nun ein solches Enzym gefunden haben. Für die Studie haben die Forscher:innen Proben aus mehreren Komposthaufen genommen und nach genetischen Spuren für polyesterspaltende Hydrolasen durchsucht. „Pflanzenkomposte sind der Lebensraum für thermophile Mikroorganismen, die pflanzliche Polymere wie Cutin degradieren und die daher auch wertvolle Quellen für polyesterspaltende Enzyme sein könnten„, so die Wissenschaftler:innen. Das Team stieß auf sieben Gensignaturen entsprechender Enzyme. Eines davon kristallisierte sich als besonders effizient heraus. Das Enzym-Gen namens PHL7 wurde in Kulturen des Bakteriums Escherichia coli eingebaut, sodass die Bakterien begannen, das Enzym herzustellen. Eine Testprobe mit PET-Stückchen konnte daraufhin in einer wässrigen Lösung durch PHL7 deutlich schneller und gründlicher abgebaut werden, als es bei LCC der Fall gewesen wäre. Andere Aminosäure hilft beim Abbau Innerhalb von nur 16 Stunden gelang es dem PHL7-Enzym, 90 Prozent des PET abzubauen. Dies entspricht einem doppelt so schnellen Abbau als bei LCC. „Unser Enzym ist also doppelt so aktiv wie der Gold-Standard unter den polyesterspaltenden Hydrolasen„, fasst Sonnendecker das Ergebnis zusammen. Nach insgesamt 18 Stunden war in der Lösung kein PET mehr vorhanden. Es stellte sich heraus, dass das Enzym die Aminosäure Leucin in seiner Proteinstruktur trägt. Andere polyesterspaltende Hydrolasen weisen an der gleichen Stelle Phenylalamin aus. Scheinbar ist es dieser Austausch, der die Bindung des Enzyms an den Kunststoff erleichtert und so teilweise für die hohe Effizienz während des Abbaus verantwortlich sein könnte. Prototyp innerhalb von drei Jahren Die Forscher:innen sehen in PHL7 neue Chancen für das PET-Recycling. In einem Versuch wiesen sie nach, dass eine echte Kreislaufwirtschaft mit PHL7 realisierbar wäre. Hierfür zerschnitten sie eine Obstschale aus PET und gaben die daraus resultierenden Stücke in eine 60 Grad warme Enzymlösung. Nach 48 Stunden gab es von den Plastikstücken nur noch vereinzelte Kantenreste. Das Enzym hatte 98,8 Prozent des Materials abgebaut. Im Anschluss konnten die Wissenschaftler:innen die Terephthalsäure-Bausteine aus der Flüssigkeit extrahieren. Die Ausbeute betrug dabei 85 Prozent des theoretisch erreichbaren Maximums bei einer Reinheit von 94 Prozent. Aus dieser Terephthalsäure stellten die Forscher:innen im Anschluss neues PET her. „Das resultierende PET hatte Eigenschaften, die mit kommerziellem amorphen PET vergleichbar sind„, beschreibt das Team. „Der jetzt in Leipzig entwickelte Biokatalysator hat sich damit als hochwirksam bei der schnellen Zersetzung von gebrauchten PET-Lebensmittelverpackungen gezeigt und eignet sich für eine Anwendung in einem umweltfreundlichen Recyclingverfahren, bei dem aus den Abbauprodukten wieder neues Plastik hergestellt werden kann„, so Wolfgang Zimmerman von der Universität Leipzig, der als Seniorautor an der Studie beteiligt war. In den nächsten drei Jahren wollen die Forscher:innen einen Prototypen herstellen, mit dessen Hilfe auch die finanziellen Vorteile des biologischen Recyclingverfahrens besser ermittelt werden kann. Mittels einer Vorbehandlung soll später auch das gestreckte PET abgebaut werden können, das für Plastikflaschen verwendet wird. Bereits jetzt kann das Enzym für Obstverpackungen, Folien und andere Gegenstände aus PET angewendet werden, ohne dass eine Vorbehandlung nötig wäre. via Universität Leipzig Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter
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