Eine spannende Doku auf Arte mit dem Titel »Kaufen für die Müllhalde« legt die Wurzeln der Konsum- und Wegwerfgesellschaft offen: Die im 19. Jahrhundert aufkommende industrielle Wirtschaft brauchte eine dauerhaft funktionierende Triebfeder, die den Kunden zu immer neuen Käufen anregt. Das Phoebuskartell leitete eine neue Epoche ein: Die »geplante Obsoleszenz« begann, das Leben der Menschen und ihr Kaufverhalten zu bestimmen.


Plastimüll am Strand des indischen Ozeans. By Hajj0 ms (Own work) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Die Haltbarkeit von Glühbirnen wurde auf 1.000 Stunden begrenzt

Der industriellen Massenproduktion ist es zu verdanken, dass viele Dinge des täglichen Lebens, aber auch zahlreiche »Luxusartikel«, zu günstigen Preisen für die breite Masse verfügbar sind. Ganz zu Anfang standen extrem haltbare Produkte wie die berühmte Tin Lizzy, aber auch die immer leistungsstärkere Glühbirne. Doch unter den großen Unternehmern machte sich allmählich Unruhe breit: Was geschieht, wenn die Bedürfnisse der Verbraucher befriedigt sind – und die Absätze infolgedessen dahinschwinden? Mit dieser Frage auf dem Herzen trafen sich die weltweit erfolgreichsten Glühbirnenhersteller 1924 in Genf und entwickelten ein durchschlagendes Konzept gegen schwächelnde Märkte: Sie bestimmten, dass die Haltbarkeit von Glühbirnen auf 1.000 Stunden begrenzt werden sollte, obwohl diese Produkte zu jener Zeit durchaus 2.500 Stunden oder länger hielten. Der Produzent, der seine Lampen länger halten ließ, der musste als Strafe hohe Bußgelder zahlen.

Die geplante Obsoleszenz wurde zur festen Institution

Das Kartell flog 1942 auf, das anschließende Gerichtsverfahren dauerte ganze elf Jahre. Das Ergebnis: Den Hauptakteuren der »Verschwörung« wurde die Produktion von Glühfäden verboten. Konkrete Auswirkungen für die Kunden hatte das Urteil allerdings nicht, weil auch nach Ende des Verfahrens keine Leuchtmittel mit längerer Brenndauer auf den Markt gelangten. Die Grundidee der geplanten Obsoleszenz, also das »eingebaute Verfallsdatum«, war wie von selbst zu einer festen wirtschaftlichen Institution geworden! Doch nicht nur vorzeitig defekte Geräte regen ständig und immer wieder zu neuem Kauf an, auch Modetrends, schicke neue Designs und der Wunsch, immer auf dem neuesten Stand zu sein, werden von der Werbeindustrie weidlich genutzt. Die Crux bei dieser Sache ist, dass unser Wirtschaftssystem mit seinem andauernden Wachstumsbestreben nun fest auf dieser Säule basiert.


Die »Livermore Glühbirne« brennt seit 1901

Die sogenannten »Livermore Glühbirne« ist wie eine lebendige Erinnerung an alte Zeiten bevor sich das Phoebuskartell zusammenfand: Sie tut in einer kalifornischen Feuerwache seit 1901 brav ihren Dienst und leuchtet noch immer so hell wie zuvor! Inzwischen ist rund um die Uhr eine Webcam auf das historische Leuchtmittel gerichtet, um Live-Bilder in alle Welt zu übertragen. Allerdings handelt es sich längst nicht mehr um die erste Kamera, die die betagte Glühbirne ins Visier nimmt: Mindestens zwei Vorgänger sind bereits der geplanten Obsoleszenz zum Opfer gefallen.

Quelle: arte.tv

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