Seit Erdgas zu einem knappen und teuren Gut geworden ist, wird nicht nur der Ausbau der Erneuerbaren Energien forciert. Vielmehr ist die Europäische Union parallel auch auf der Suche nach nachhaltigen Wärmequellen. Dabei scheinen die Beamten auch eher unkonventionelle Ideen zu prüfen. So sollen einem Bericht des Wall Street Journals zufolge neue Vorgaben für die Betreiber von Rechenzentren erlassen werden. Umgesetzt werden könnte dies im Rahmen der 2024 anstehenden Überarbeitung der Energieeffizienzdirektive. Ganz abwegig ist die Idee nicht. Denn Rechenzentren verbrauchen viel Strom. Schätzungen zufolge sind sie für rund drei Prozent des Stromverbrauchs in der Europäischen Union verantwortlich. Aufgrund der zunehmenden Digitalisierung könnte sich dieser Wert in den nächsten Jahren sogar noch ansteigen. Gleichzeitig entsteht in den Rechenzentren sehr viel Wärme – die bisher oftmals ungenutzt verloren geht.


Einige Anlagen nutzen die Abwärme bereits erfolgreich

Zwingend ist dies allerdings nicht. Dies zeigen einige Großprojekte, bei denen das Thema von Beginn an mit beachtet wurde. So wird die Abwärme des schnellsten Supercomputers der Welt genutzt, um angrenzende Gebäude zu heizen. Im Sommer wiederum wird die Wärme verwendet, um Adsorptionskältemaschinen zu betreiben und so Kaltwasser zu gewinnen. Einer Studie des EU-Projekts Reuseheat zufolge könnten in Rechenzentren jährlich immerhin rund 48 Terawattstunden an Wärmeenergie gewonnen werden, ohne dass dafür zusätzliche fossile Energieträger verbrannt werden müssen. Im Rahmen von Machbarkeitsstudien soll nun geschaut werden, inwieweit die bestehenden Anlagen für die gezielte Wärmegewinnung genutzt werden können. Hierbei muss allerdings jedes Rechenzentrum einzeln betrachtet werden. Denn so gut die Idee in der Theorie auch klingt: Wie so oft liegt der Teufel im Detail. Dies beginnt schon bei der zum Einsatz kommenden Kühlungstechnik.


Teilweise sind hohe Investitionen nötig

Teilweise kommt eine Direktwasserkühlung zum Einsatz. Dabei erwärmt sich das Wasser auf bis zu 55 Grad Celsius. Dies reicht aus, um damit eine Gebäudeheizung zu versorgen. Viele Rechenzentren werden aber auch mit Luft gekühlt. Diese erwärmt sich allerdings nur auf knapp 30 Grad Celsius. Mehr Hitze muss vermieden werden, damit die Komponenten der Rechner keinen Schaden nehmen. In diesen Fällen müsste eine Wärmepumpe installiert werden, um die Abwärme nutzen zu können. Dadurch aber verliert das Thema wirtschaftlich an Attraktivität. Durch die stark gestiegenen Gaskosten könnte sich die eine oder andere Kalkulation hier aber auch noch gedreht haben. Sinnvoll ist die Nutzung der Abwärme zudem nur, wenn es auch Abnehmer gibt. Sprich: Es müssen Häuser in der Nähe sein, die mit Fernwärme versorgt werden. Andernfalls müssten neue Leitungen und Heizungen installiert werden. Dies dürfte sich aber in den wenigsten Fällen lohnen. Bei neu installierten Anlagen dürfte das Thema zukünftig hingegen eine wichtige Rolle bei der Standortwahl spielen.

Via: Wall Street Journal

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