Bei der Eindämmung der aktuellen Corona-Pandemie ist es von entscheidender Bedeutung, Neuansteckungen frühzeitig zu erfassen und Gegenmaßnahmen einzuleiten. Allerdings haben die Gesundheitsbehörden hier mit einer gewissen Zeitverzögerung zu kämpfen. Denn Patienten gehen in der Regel erst zum Arzt, wenn die ersten Symptome auftreten. Anschließend muss dann zunächst ein Test gemacht und ausgewertet werden. Erst wenn dieser positiv ausfällt, erfolgt die Meldung an das Gesundheitsamt. Forscher der TU München testen nun allerdings ein System, bei dem entstehende Hotspots frühzeitig erkannt werden könnten. Eine zentrale Rolle nehmen dabei die Kläranlagen und das darin aufbereitete Abwasser ein. Denn das Erbgut des Coronavirus lässt sich im Schmutzwasser der Haushalte nachweisen. Im Idealfall lassen sich dadurch dann Rückschlüsse auf das aktuelle Infektionsgeschehen ziehen.


Selbst lokale Ausbrüche könnten frühzeitig erkannt werden

Der große Vorteil des Ansatzes: So werden auch Patienten erfasst, bei denen keine oder nur sehr geringe Symptome auftreten. Diese fallen aktuell teilweise durch das Raster, können aber dennoch weitere Menschen anstecken. Im schlimmsten Fall entstehen so unentdeckte Hotspots, die sich dann nur noch schwer wieder einfangen lassen. Durch die Analyse des Abwassers hingegen können Neuinfektionen schnell erkannt werden. Je nach dem wie ausgefeilt man das System gestaltet, könnten sich die Infektionen sogar auf einzelne Viertel oder sogar Straßenzüge zurückverfolgen lassen. Dies wiederum würde es den Gesundheitsämtern ermöglichen, gezielt lokal begrenzte Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Somit könnte die Analyse des Abwassers dazu beitragen, die Einschränkungen für die Allgemeinheit so klein wie möglich zu halten.


Sechs Kläranlagen liefern die ersten Testdaten

Aus Sicht des Datenschutzes ist der Ansatz zudem unbedenklich, weil sich das Schmutzwasser nicht bis in einzelne Haushalte zurückverfolgen lässt. In der Theorie klingt der Ansatz also durchaus vielversprechend. Die Forscher der TU München rund um Professor Jörg Drewes vom Lehrstuhl für Siedlungswasserwirtschaft testen aktuell die Praxistauglichkeit. Dafür werden an insgesamt sechs Kläranlagen in Bayern einmal wöchentlich sogenannte 24-Stunden-Mischproben entnommen. Im Laufe der Zeit sollen so ausreichend Daten gewonnen werden, um anschließend Veränderungen der Daten zielsicher interpretieren zu können. Erweist sich der Ansatz in der Praxis tatsächlich als erfolgreich, könnte er danach auch auf weitere Regionen ausgeweitet werden. Das Abwasser liefert zudem nicht nur wichtige Erkenntnisse über die Verbreitung des Corona-Virus. Vielmehr lassen sich auf diese Weise auch antibiotikaresistente Bakterien und verschreibungspflichtige Medikamente nachweisen.

Via: BR

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