Fusionskraftwerke werden als Energielieferanten für die Zukunft gehandelt. Ein deutsches Startup plant, in den kommenden Jahren ein eigenes Fusionskraftwerk zu entwickeln, das bereits in den 2030er Jahren fertiggestellt und am Netz sein soll. Dabei soll das Stellator-Prinzip zum Einsatz kommen, bei dem komplexere Magnetstrukturen für den Einschluss des Plasmas zum Einsatz kommen als beim Tokamak-Prinzip. Der deutsche Testreaktor Wendelstein 7-X ist das Vorbild für die Anlage.


Erkenntnisse aus dem deutschen Testreaktor Wendelstein 7-X legen den Grundstein für das Projekt von Proxima Fusion.

Fusionsenergie in den 2030ern

Als vielversprechende Baumethode für zukünftige Fusionskraftwerke gelten vor allem sogenannte Stellatoren sowie Tokamaks. Bei beiden Reaktortypen wird das Fusionsplasma mit Magnetfeldern eingeschlossen. Tokamaks wie der Großreaktor ITER in Frankreich greifen dabei auf eine zentrale Magnetspule zurück, die einen starken Plasmastrom induziert. Stellatoren wie etwa der Wendelstein 7-X nutzen ein komplexes Spulensystem, um den magnetischen Einschluss zu erzielen. Tokamaks sind somit einfacher gebaut, was allerdings auch mit Schwierigkeiten bei der Kontrolle der Stabilität des Plasmas einhergeht. Zudem kann die Fusion in ihnen lediglich pulsweise ablaufen. Stellaratoren dagegen haben ein komplexeres Bauprinzip, sind aber im Betrieb einfacher und können zudem im Dauerbetrieb arbeiten.

Das deutsche Startup Proxima Fusion möchte einen solchen Stellarator-Reaktor bauen. Gegründet wurde das Unternehmen von ehemaligen Wissenschaftler:innen des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik, dem Massachusetts Institute of Technology (MIT) sowie Google-X. Das Unternehmen sitzt in München und möchte in den kommenden Jahren einen neuen Hochleistungsstellarator entwickeln, der bereits in den 2030er Jahren fertiggestellt werden soll.


Das Startup steht mit seinem Vorhaben in Konkurrenz zu Großprojekten wie dem ITER-Reaktor in Frankreich, der allerdings auf dem Tokamak-Bauprinzip basiert. Für die Entwicklung des neuen Reaktors greift Proxima Fusion auf die Erkenntnisse zurück, die bei der Entwicklung und Optimierung des Wendelstein-7-X-Testreaktors gewonnen wurden.

Wendelstein 7-X als Grundlage

Die experimentellen Fortschritte von Wendelstein 7-X und die jüngsten Fortschritte bei der Modellierung von Stellaratoren haben das Bild radikal verändert„, so Francesco Sciortino, seines Zechens CEO von Proxima Fusion. Ältere Formen von Stellarator-Testreaktoren litten unter anderem unter Problemen, den Plasmaeinschluss bei hohen Temperaturen aufrecht zu erhalten. Es gab zudem nur schwer einhaltbare Konstruktionstoleranzen.

Der Wendelstein 7-X wurde 2015 in Betrieb genommen und konnte viele Probleme früherer Stellatoren überwinden. Er kann mit den fortschrittlichsten Tokamak-Reaktoren der Welt mithalten. „Stellaratoren können inzwischen die Hauptprobleme von Tokamaks überwinden und signifikant weiterentwickelt werden, wodurch die Stabilität des Plasmas verbessert und stationäre Spitzenleistungen erreicht werden„, so Sciortino weiter. Die Wissenschaftlerinnen von Proxima Fusion sehen das Tokamak-Prinzip inzwischen in vielen Aspekten als dem Stellarator-Prinzip unterlegen an.

Erstes Design innerhalb eines Jahres

Mit ihrem ersten Fusionskraftwerk nach dem Stellarator-Prinzip soll dies nun gezeigt werden. Im Rahmen eines Pres-Seed-Fundraisings konnte Proxima Fusion kürzlich Mittel in Höhe von sieben Millionen Euro gewinnen, was die Basis für das Vorhaben legt. „Mit den sieben Millionen Euro ist das Team in der Lage, ihre ambitionierten Pläne voranzutreiben und die Entwicklung eines neuen Hochleistungsstellarators in Angriff zu nehmen„, erklärt Sebastian Meyer-Borchert von Max-Planck-Innovation.

Nun geht es erstmal darum, das Design für das geplante Fusionskraftwerk zu erstellen. Dies soll in Zusammenarbeit mit Partnern im Laufe des nächsten Jahres geschehen. „Die deutsche Regierung hat über Jahrzehnte mit visionären Investitionen die Stellaratortechnologie in Deutschland bis zur Weltspitze vorangebracht. Auf dem dadurch geschaffenen Know-how in Instituten und Unternehmen können wir nun als Startup aufbauen. Wir bündeln jetzt diese Expertise um Fusionsenergie aus Stellaratoren ans Netz zu bringen„, so Jorrit Lion, Mitbegründer des Unternehmens.

via Max-Planck-Institut für Plasmaphysik

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