Die Fotosynthese ist der Basisvorgang irdischen Lebens. Dank ihr wachsen Pflanzen, gedeiht organisches Material und wird Sauerstoff freigesetzt. Es handelt sich bei ihr um einen komplexen Prozess, der die Energie des Sonnenlichts in energiereiche chemische Moleküle umwandelt. Forscher:innen fanden nun heraus, dass Pflanzen bei der Fotosynthese auch den quantenphysikalischen Effekt der Überlagerung nutzen. Dieser ermöglicht, dass die Energie der Sonne so gut wie instantan und ohne Verluste innerhalb des Chlorophylls transportiert werden kann. Durch diesen Mechanismus ist die Fotosynthese unvergleichbar effizient. Kenntnisse über diesen Vorgang könnten auch in der Technik eingesetzt werden.
Fotosynthese: Ein Wunder der Natur
Der wichtigste Ort des Geschehens bei der Fotosynthese ist der Lichtsammelkomplex im grünen Pflanzenfarbstoff, dem Chlorophyll. In diesem Komplex wird Strahlungsenergie genutzt, um Wasser zu spalten und so den erste Reaktionsschritt bei der Fotosynthese anzustoßen.
„Das Chlorophyll spielt eine essenzielle Rolle für den Energietransfer und die Ladungstrennung – und damit für die ersten Schritte der Fotosynthese„, erläutert ein Team rund um Erika Keil von der Technischen Universität München. Die Energie des Sonnenlichts führt zu einer elektrischen Anregung der Chlorophyll-Moleküle. Diese Anregung wird dann weitertransportiert und letztlich umgewandelt. Durch Experimente und Modelle konnte gezeigt werden, dass dieser Energietransport nahezu verlustfrei erfolgt und zudem sehr schnell ist.
Die Forscher:innen wollten klären, wie dieser schnelle und verlustarme Energietransport möglich ist und untersuchten dafür die Energieübertragung im Chlorophyll genauer. Zu diesem Zweck setzten sie die pflanzlichen Fotosynthese-Moleküle einer Bestrahlung mit Licht in zwei verschiedenen Spektralbereichen aus, genauer gesagt im energieärmeren Q-Bereich sowie im energiereicheren B-Bereich. Beide Bereiche zeichnen sich durch Energieübertragungen zwischen verschiedenen Anregungszuständen aus.
Hocheffiziente, schnelle Energieübertragung
Das Team setzte Hochgeschwindigkeits-Spektrometer ein, um zu untersuchen, wie diese Energieübertragung nach der Bestrahlung erfolgt und wie schnell sie ist. Wie schon in früheren Experimenten zeigten die Ergebnisse, dass der energiereiche B-Zustand die Energie in etwa 100 Femtosekunden auf den energieärmeren Q-Zustand überträgt.
Die Experimente der Forscher:innen zeigte aber auch etwas Neues, nämlich dass der Energietransfer innerhalb des Q-Bereichs beinahe instantan erfolgt. Die Signatur dieser Übertragung zeigt eine für die quantenmechanische Überlagerung typische Signatur. Beide elektronische Q-Zustände müssen daher quantenmechanisch gekoppelt sein.
Es entsteht also eine quantenphysikalische Überlagerung zwischen den beiden Zuständen. Diese ermöglicht den extrem schnellen und effizienten Energietransfer. Dies lies sich auch für die Energieübertragung innerhalb des B-Bereichs zeigen. „ Das ist die erste Stufe eines verlustfreien Energietransfers innerhalb der Moleküle und eines effizienten Weitertransports der Sonnenenergie. Die Quantenmechanik ist hier also zentral, um die ersten Schritte des Energie- und Ladungstransfers zu verstehen„, erläutert Jürgen Hauer von der TU München, Seniorautor der Studie.
Erkenntnisse können vielleicht auf technische Lösungen übertragen werden
Die Ergebnisse der Forscher:innen zeigen, dass Pflanzen bei der Fotosynthese auch quantenphysikalische Effekte nutzen, was wiederum darlegt, dass solche Effekte auch biologisch relevante Prozesse entscheidend beeinflussen und optimieren können. Das Wissen um solche „Quantentricks“, die in der Natur zum Einsatz kommt, könnte dabei helfen, auch künstliche Energiegewinnung effizienter zu gestalten. Gelänge es, diese Formen des Energietransfers nachzuahmen, könnte dies etwa die direkte Wasserspaltung oder die Photovoltaik optimieren.