1972 war die Menschheit zum letzten Mal auf dem Mond. Im Rahmen der letzten Mission des Apollo-Programms betraten die US-Astronauten Eugene Cernan und Harrison Schmitt am 13. Dezember als bis dato letzte Menschen die Oberfläche des Erdtrabanten. Dann war lange Ruhe, was bemannte Missionen zum Mond betraf. Doch aktuell ändert sich das wieder. Ob China, die USA, Europa, Japan oder Russland: Mehrere Parteien haben angekündigt, in den nächsten Jahren wieder (und in den meisten Fällen erstmals) Astronauten zum Mond schicken zu wollen. Naturgemäß sind die Ansprüche dieses Mal höher. Die Rede ist von Mondstationen und dem Abbau von Ressourcen. Forscher warnen diesbezüglich vor kommenden Konflikten. Die geeigneten Standorte sind knapp, was bedeutet, dass sich auf dem Mond in den kommenden Jahren diverse Nationen und sogar private Unternehmen in die Quere kommen könnten. Sich frühzeitig um rechtliche und politische Lösungen zu bemühen ist daher von immenser Bedeutung. Die bemannte Monderkundung im Aufwind Die bemannte Monderkundung erlebt aktuell geradezu eine Renaissance. Mit der Mission Artemis haben die USA etwa ambitionierte Pläne angekündigt: Sie wollen eine lunare Orbitalstation errichten. Bemannte Mondlandungen sollen bereits 2025 stattfinden. Die europäische Weltraumagentur ESA will sogar ein ganzes Dorf auf dem Mond errichten. Und auch einige private Unternehmen planen Missionen zum Mond, um dort lunare Rohstoffe abzubauen. Diese neue Begeisterung für den Mond ist eigentlich zu begrüßen. Allerdings sind nahezu alle geplanten Missionen auf lunare Ressourcen sowie geeignete Standorte angewiesen. Und beides ist knapp und ungleichmäßig verteilt. Ein Team rund um Martin Elvis vom Harvard & Smithsonian Center for Astrophysik haben sich die verfügbaren Karten des Mondes angezeigt und kommt zu dem Schluss, dass es nur wenige Orte auf dem Erdtrabanten gibt, die für entsprechende Missionen infrage kämen. Geeignete Standorte müssen nicht nur genug Licht erhalten, sondern außerdem in Reichweite von ausreichend Wassereis und metallischen Rohstoffen sein. „ Man braucht Wasser, um zu überleben und um Nahrung anzubauen, aber auch, um es in Sauerstoff zum Atmen und Wasserstoff für Raketenantrieben zu spalten“, so Elvis. Aber auch Helium-3-Vorkommen und Regolith sind gefragt. Der Mond bietet enormes Konfliktpotenzial Elvis und sein Team sehen auf dem Mond großes Potenzial für internationale Konflikte. „Das größte Problem ist, dass alle die gleichen Standorte und Ressourcen anpeilen – Staaten, private Unternehmen, eben jeder“, erklärt Co-Autorin Alanna Krolikowski von der Missouri University of Science and Technology. Die Ziele, die die einzelnen Parteien dabei verfolgen, sind allerdings oft nicht untereinander kompatibel. So beißen sich etwa der kommerzielle Abbau von Rohstoffen sowie Mondtourismus mit einem Mondobservatorium. Die wissenschaftliche Erforschung des Mondes wäre insgesamt von möglichst wenigen externen Störungen abhängig. „ Wenn verschiedene Akteure ihre inkompatiblen Ziele an solchen Orten verfolgen, dann wird es schnell eng und alle haben das Nachsehen“, so die Forscher. Solche Konflikte sind in der Regel am besten auf rechtlicher Ebene zu klären. Aber genau hier mangelt es an entsprechenden Regelungen. Ein Gesetz oder völkerrechtlicher Vertrag, der direkt die Nutzung von lunaren Ressourcen regelt, existiert nicht. 1967 wurde zwar der Weltraumvertrag geschlossen, allerdings regelt dieser nur, dass kein Staat das Eigentum anderer Himmelskörper für sich beanspruchen darf. Solange Aktivitäten zum Wohle der Menschheit und im Interesse aller Länder erfolgen, sind die Erforschung und wirtschaftliche Nutzung allerdings erlaubt. 2020 wurde seitens der USA weiteres Vertragswerk in Angriff genommen. Der sogenannte Artemis-Accord erweitert den Weltraumvertrag vor allem in Sachen Transparenz und Informationsaustausch künftiger Missionen. Außerdem sollen Sicherheitszonen um Standorte herum gegenseitige Störungen bereits im Keim ersticken. Allerdings enthält auch dieser Vertrag keine Regelungen für den Fall, dass verschiedene Parteien sich um einen Standort streiten. Es mangelt an einem rechtlichen Rahmen Um eine konfliktfreie Erkundung und Besiedlung des Mondes zu gewährleisten, wäre es daher nach Ansicht der Forscher wichtig, so früh wie möglich weitere Regeln zu etablieren. „ Eine Einigung in diesen Punkten zu finden, ist sicherlich eine Voraussetzung, um die Aktivitäten an den attraktiven lunaren Standorten erfolgreich zu koordinieren“, erläutert Krolikowski. Auch wenn die Erschließung des Weltalls vom Recht noch nicht erfasst wird – die Regelung des Umgangs mit gemeinsam zugänglichen Ressourcen ist nicht neu. So gibt es etwa Verträge, die die Nutzung der nicht einer Nation zugeordneten Meeresgebiete regulieren. Vergleichsweise internationale Abkommen sollten auch für den Umgang mit lunaren Ressourcen geschlossen werden. Dies liegt aber nach Ansicht der Forscher noch in weiter Ferne. Daher schlägt das Team vor, vorerst Lösungen für die Nutzung einzelner Gebiete und Standorte zu finden. „ Der erste Schritt wäre ein Treffen aller prospektiven Nutzer, bestehend aus all denen, die an einem bestimmten Standort in den nächsten zehn Jahren oder so aktiv sein werden“, so Krolikowski weiter. Auf Basis dieser Treffen könne dann miteinander verhandelt werden. Die Forscher haben auch klare Vorstellungen davon, was dabei Priorität haben sollte: „Ihre erste Aufgabe sollte es dabei sein, die schlimmstmöglichen Folgen an diesen Orten zu identifizieren, beispielsweise die schädlichsten Formen der Störungen oder der Platzkonkurrenz. Denn die Aversion gegenüber Verlusten ist für viele Akteure die beste Handlungsmotivation.“ Um derartige Verhandlungen zu unterstützen, müsse parallel das Wissen über den Mond weiter ausgebaut werden. Bisher sind Erkenntnisse bezüglich lunarer Ressourcen und Standorte eher lückenhaft. Die Forscher sehen daher Bedarf daran, vor allem die potenziell attraktiven Orte mit möglichst hoher Auflösung zu kartieren. „Wenn wir diese Standorte genauer kartieren, dann liefert dies wertvolle Informationen für die Politik und könnte allen dabei helfen, verträglich miteinander umzugehen, sodass wir Konflikte vermeiden können“, so Elvis. via Center for Astrophysics — Harvard & Smithsonian Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter
Kavalierstarts und Bremsen belasten die Luft: Reifenabrieb ist eine Quelle für gefährlichen Feinstaub