Die Samen sind ein indigenes Volk in Skandinavien. Zwischen 60.000 und 100.000 von ihnen leben in Norwegen. Dort betätigen sie sich unter anderem in der Rentierzucht. In der Vergangenheit führte dies immer wieder zu Zielkonflikten. Denn einerseits ist der norwegische Staat verpflichtet, den Samen die Möglichkeit zu geben, ihre Kultur auszuleben. Dies schreibt unter anderem der UN-Zivilpakt vor. Auf der anderen Seite lassen sich zahlreiche Industrieprojekte aber nicht ohne Beeinträchtigung für die indigene Minderheit realisieren. Dies gilt auch für das größte Onshore-Windprojekt des Landes. Dieses besteht aus 151 Windkraftanlagen, die insgesamt rund 1,1 Milliarden Euro gekostet haben. Sie könnten eigentlich als Symbol dafür dienen, dass auch ein Land, das seinen Reichtum vor allem dem Export von Öl und Gas verdankt, sich erfolgreich der Energiewende verschrieben hat. Stattdessen standen sie im Mittelpunkt eines jahrelangen Rechtsstreits. Die Windräder verletzen die Menschenrechte der indigenen Bevölkerung Das Problem: Die Windräder wurden auf den Weidegründen der Rentiere errichtet. Es ist daher auch völlig unstrittig, dass sie eine Beeinträchtigung für die Rentierhalter darstellen. Dies war auch den Behörden bewusst, die im Jahr 2010 die Genehmigung für den Bau erteilten. Sie schrieben daher fest, dass die Rentierzüchter für die Mehrarbeit und die Einkommensausfälle entschädigt werden müssen. Dies reichte zwei der betroffenen Gemeinschaften aber nicht. Sie reichten daher Klage gegen die Genehmigung ein. Diese hatte allerdings keine aufschiebende Wirkung, so dass die Anlagen trotzdem errichtet werden konnten. Die unteren Instanzen des norwegischen Justizsystems stimmten der grundlegenden Idee hinter der Genehmigung zu und verhandelten lediglich über die Höhe des Schadensersatzes. Nun aber hat der Oberste Gerichtshof des Landes einstimmig entschieden: Die Genehmigung wurde nicht rechtmäßig erteilt und der Bau verletzt die Menschenrechte der Samen. Ein Abriss erscheint aktuell unausweichlich Damit erhöhten die Richter den Schutz für die Weidegründe der Rentiere und die Kultur der Samen massiv. Allerdings ließen sie auch eine Hintertür offen. So stellten sie klar, dass bei einem extrem starken übergeordneten Interesse theoretisch auch diese Gebiete bebaut werden dürfen. Dies gilt allerdings nur, wenn es gar keine andere Alternative gibt. Im Fall der Windräder ist dies nicht der Fall. Diese könnten genauso gut auch außerhalb der samischen Siedlungsgebiete errichtet werden, so die Argumentation der Richter. Offen ließen sie allerdings zunächst die Frage, was nun mit den bereits gebauten Windrädern passieren muss. Für die juristischen Vertreter der Samen ist die Sache klar: Sie gehen davon aus, dass die Anlagen entfernt werden müssen. Der norwegische Staat und der Betreiber des Windparks wollten sich bisher nicht näher äußern. Tatsächlich lässt ihnen das Urteil der obersten Richter aber nur wenig Spielraum für andere Lösungen als einen Abriss und Neubau an anderer Stelle. Via: taz Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter