Ein paar Jahre nach dem Ende des Ausbruchs der Spanischen Grippe 1918 begannen Ärzte weltweit einen Anstieg der Fälle von der Parkinson-Krankheit zu beobachten. Diese Verbindung zwischen viralen Infektionen und dem Risiko, an der Parkinson-Krankheit zu erkranken, stellt die Wissenschaft auch heute noch vor ein Rätsel. Klar ist jedoch, dass die Verbindung nicht nur auf den H1N1-Influenza-Virus beschränkt ist, der 1918 die Spanische-Grippe-Pandemie auslöste. Diverse andere virale Infektionen sind mit dem Parkinson-Risiko in Verbindung gebracht worden. Forscher:innen fanden nun neue Hinweise darauf, dass dieser Zusammenhang auch im Fall des SARS-CoV-2 Virus besteht.


Zussammenhang zwischen viralen Infektionen und Parkinson-Risiko

Bereits Anfang 2020, als das neue Coronavirus begann, die Welt in Atem zu halten, warnten Wissenschaftler:innen vor einem Anstieg neurodegenerativer Erkrankungen in den nächsten Jahren. Etwa fünf Jahre nach der Pandemie 1918 hatten sich die Parkinson-Diagnosen nahezu verdreifacht. Betrachtet man die Eigenschaften des SARS-CoV-2-Virus, so kann man einen zweistelligen Millionenbetrag an zusätzlichen Parkinson-Diagnosen in den nächsten 10 Jahren erwarten.


In einer neuen Studie haben Forscher:innen der Thomas Jefferson University und der New York University versucht, herauszufinden, inwieweit SARS-CoV-2 das individuelle Risiko beeinflusst, an der Parkinson-Krankheit zu erkranken. Laut Richard Smeyne, Erstautor der Studie, lautet die aktuell wahrscheinlichste Hypothese, dass virale Infektionen nicht direkt zu neuredegenerativen Erkrankungen führen, sondern das Gehirn anfälliger für andere Risikofaktoren machen, die zu derartigen Krankheiten führen können. „We think about a ‘multi-hit’ hypothesis for Parkinson’s – the virus itself does not kill the neurons, but it does makes them more susceptible to a ‘second hit’, such as a toxin or bacteria or even an underlying genetic mutation„, so Smeyne.

SARS-CoV-2 im Visier

In einer vorangegangenen Studie hatte Smeyne herausgefunden, dass Mäuse, die mit dem H1N1-Virus infiziert wurden, bei Konfrontation mit dem Molekül MPTP, das in Tiermodellen genutzt wird, um Parkinson-ähnliche Neurodegeneration auszulösen, eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Symptomen aufwiesen.

In der neuen Studie untersuchten die Forscher:innen eine neuartiges Mäusemodell, in dem die Tiere über bestimmte menschliche Rezeptoren verfügen, die es ermöglichen, sie mit SARS-CoV-2 zu infizieren. Die Tiere wurden einer Dosis des Virus ausgesetzt, die etwa einer milden Covid-19-Infektion bei Menschen entsprach. Anschließend wurde den Tieren Gelegenheit gegeben, sich von der akuten Infektion zu erholen. Einen Monat später wurde den Mäusen eine kleine Dosis MPTP injiziert. Diese Dosis war so niedrig, dass gesunde Tiere in einer Kontrollgruppe keine Degeneration von Neuronen zeigten.

In der Gruppe, die eine Infektion mit SARS-CoV-2 hinter sich hatte, reichte diese Dosis allerdings aus, um Beschädigungen in den Neuronen zu verursachen, die etwa der Degeneration im Falle einer Parkinson-Erkrankung entsprachen.

Verbindung nicht eindeutig bewiesen

Die vorliegende Studie zeigt zwar eine mögliche Verbindung zwischen einer SARS-CoV-2-Infektion auf, konnte aber auch nicht erklären, wie diese Verbindung zustande kommt. Generell wird noch diskutiert, ob die im Zusammenhang mit dem neuen Coronavirus auftretende neurologische Symptome das direkte Resultat des Wirkens des Virus in den Gehirnzellen ist.

Vorangegangene Studien mit H1N1 haben herausgefunden, dass das Virus nicht direkt an den Neuronen im zentralen Nervensystem wirkt, aber dennoch das Risiko erhöht, an der Parkinson-Krankheit zu erkranken. In der neuen Studie fanden die Forscher:innen erhöhte Level sogenannter Mikroglia in den Basalganglien der mit dem Coronavirus infizierten Mäuse. Dabei handelt es sich um Immunzellen des Gehirns, die bei abnormaler Aktivität Schäden hervorrufen können.

Smeyne und seine Kolleg:innen nehmen daher an, dass die Reaktionen der Gehirnzellen, die das Virus auslöst, die Zellen anfälliger für künftige Angriffe machen, was das Parkinson-Risiko erhöht. Allerdings sind die Forscher:innen noch zurückhalten, wenn es um die Übertragbarkeit dieser Erkenntnisse auf Menschen geht. „First of all, this is preclinical work. It is too soon to say whether we would see the same thing in humans, given that there seems to a 5-10 year lag between any changes in clinical manifestation of Parkinson’s in humans. If it does turn out that COVID-19 increases the risk of Parkinson’s, it will be a major burden on our society and healthcare system. But we can anticipate that challenge by advancing our knowledge of potential ‘second hits’ and mitigating strategies„, so Smeyne.

via Thomas Jefferson University

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