Die beiden Sentinel-1-Satelliten, die die europäische Raumfahrtagentur ESA mit Sitz in Paris 2014 und 2016 ins All gehievt hat, haben die Aufgabe, radargestützte Beobachtungen der Erde zu machen, die die Umwelt betreffen, etwa wie der Meeresspiegel ansteigt. Forscher der British Antarctic Survey (BAS) in Cambridge haben entdeckt, dass die Bilder, die die beiden Satelliten senden, auch für einen ganz anderen Zweck genutzt werden: Sie verraten, wo sich Eisberge befinden, welchen Kurs sie nehmen und wann sie zu Wasser zerfließen. Das kann Schiffe vor Kollisionen schützen, die Wettervorhersage verbessern und führt zu genaueren Prognosen des Anstiegs der Meeresspiegel, die für manche Insel- und Küstenstaaten lebenswichtig sind.


Mikrowellen lassen sich von nichts aufhalten

Die Satelliten tasten die Erde mit Mikrowellenstrahlen ab. Diese werden von Eisbergen auf Grund ihrer kristallinen Oberflächenstruktur besonders gut reflektiert. Das funktioniert auch bei Nacht und wolkenverhangenem Himmel – für Mikrowellen keine Hindernisse. Eisberge machen sich auf den Satellitenbildern in Form von besonders hellen Flecken bemerkbar. Angesichts der großen Zahl von Eisbergen in der Amundsen Sea Embayment in der Westantarktis, nahe der Kalbungsfront des Thwaites-Gletschers, können die Daten von Hand kaum erfasst werden. Zu viele Bilder müssten ausgewertet werden.


30.000 Eisberge identifiziert

Diese Aufgabe übernimmt eine Bilderkennungssoftware, die auf künstlicher Intelligent (KI) basiert. Innerhalb von zwölf Monaten identifizierte das System fast 30.000 dieser schwimmenden Giganten. „Das von uns entwickelte Verfahren übertrifft die meisten alternativen Eisberg-Erkennungsmethoden, ohne dass menschliches Zutun erforderlich ist“, sagt Ben Evans, KI-Experte bei der BAS. „Das bedeutet, dass sie problemlos auf andere Meere übertragen werden kann und sogar eine Überwachung nahezu in Echtzeit ermöglicht.“ Sein Team lässt derzeit alle Daten auswerten, die seit Beginn der Sentinel-1-Mission aufgelaufen sind.

Digitaler Zwilling der Antaarktis

„Die Überwachung und Vorhersage, wie viele Milliarden Tonnen Eis in die Weltmeere schmelzen, ist auf Grund der komplexen Physik und des Zusammenspiels zwischen Ozean, Eis und Atmosphäre eine große Herausforderung“, so Evans. „Wir entwickeln einen digitalen Zwilling der Antarktis, um die Integration und den Austausch von Daten in unserer polaren Infrastruktur und unseren Werkzeugen – von automatisierten Unterwasserfahrzeugen bis hin zu KI-Modellen – zu unterstützen.“

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