Offene und nicht richtig verheilende Wunden sind aus medizinischer Sicht ein großes Problem. Denn sie sind nicht nur schmerzhaft, sondern können beispielsweise auch als Einfallstor für resistente Keime dienen. Schon seit längerem arbeiten Forscher daher daran, zu verstehen, wie der menschliche Körper tiefe Wunden verschließt. Bisher ging man davon aus, dass in einem solchen Fall Bindegewebszellen aus der Haut in die Wunde wandern und diese so abdichten. Wissenschaftler am Helmholtz-Zentrum in München machten bei Mäusen aber eine überraschende Entdeckung. Denn die Bindegewebszellen, die dort in verschlossenen Wunden am häufigsten zu finden waren, stammten aus dem sogenannten Fasziengewebe. Dabei handelt es sich um die Schicht zwischen der Haut und dem darunter liegenden Gewebe.


Bild: Wikip2011 [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)]

Der Körper hält heilende Gewebeschichten bereit

Durch verschiedene Versuche bei Mäusen konnten die Forscher nachweisen, dass der Körper offenbar in der Schicht unterhalb der Haut natürliche Pflaster bereithält. Denn wenn bei den Tieren eine Wunde neu auftrat, wurden nicht etwa einzelne Zellen nach oben gepumpt. Stattdessen schoben sich ganze Gewebeschichten – inklusive der Bindegewebszellen, Blutgefäße und Nervenenden – in die offene Stelle. Die Wunde wird dadurch gewissermaßen von innen gestopft. Allerdings lassen sich Versuche bei Tieren nicht immer eins zu eins auf den Menschen übertragen. Gleichzeitig sind Tests beim Menschen nur in sehr engen Grenzen möglich. Zumindest fanden die Forscher aber auch in menschlichen Narben überdurchschnittlich viele Proteine, die normalerweise in den Faszien gebildet werden. Unter anderem deshalb gehen sie davon aus, dass die Wundheilung auch beim Menschen ähnlich verläuft.

Neue Behandlungsansätze könnten Probleme mit Narben verhindern

Die neuen Erkenntnisse über die Prozesse innerhalb des menschlichen Körpers sollen nun genutzt werden, um konkrete Leiden zu lindern. So konnten die Wissenschaftler einige neue Ansätze identifizieren, die eine übermäßige Narbenbildung verhindern könnten. Diese Arbeit wird unter anderem auch vom Europäischen Forschungsrat gefördert. Das entsprechende Projekt trägt den Namen „ScarLessWorld“. Bisher haben Forscher allerdings nur die Narbenbildung auf der Haut genauer unter die Lupe genommen – nicht aber bei Organen. Es gilt zwar als wahrscheinlich, dass dort ähnliche Prozesse ablaufen. Konkret nachgewiesen werden konnte dies aber bisher noch nicht. Offensichtlich hat die Fachwelt also im Bereich der Wundheilung und Narbenbildung noch einiges an Forschungsarbeit vor sich.


Via: Tagesspiegel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.