Noch bis Ende August können Passagiere den Nah- und Regionalverkehr in Deutschland für 9 Euro im Monat nutzen. Wenn es nach dem Willen vieler geht, dann wird es in der Zeit danach nicht einfach zurück zum Status quo gehen. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) will eine dauerhafte Vereinfachung des Tarifsystems im öffentlichen Nahverkehr erreichen. So soll die Nutzung des ÖPNV unkomplizierter werden.


Bild: Christian Bier / CC BY-SA (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)

Wissing will den Nah- und Regionalverkehr verändern

Wenn die komplizierten Tarifzonen verschwinden und die Tickets bundesweit gelten, wird der öffentliche Nahverkehr sehr viel stärker genutzt. Wir sollten deswegen endlich Wege finden, den Tarif-Dschungel in Deutschland zu beenden„, erklärte Wissing gegenüber der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.

Mit diesem Vorschlag stößt Wissing bei Kommunen und Verbänden auf Zustimmung. Allerdings gibt es Bedingungen. So wies der Deutsche Städtetag trotz einer grundsätzlichen Zustimmung auf Finanzierungslücken hin. Der Hauptgeschäftsführer des kommunalen Spitzenverbandes, Helmut Dedy, stimmt dem Vorstoß zu: „Der ÖPNV muss attraktiver werden, die Städte unterstützen ein einfacheres Tarifsystem.


Aus diesem Grund begrüßt der Städtetag auch den Willen des Bundesverkehrsministers, mit den Ländern sowie den Trägern des öffentlichen Nahverkehrs über ein Ticket sprechen zu wollen, das in ganz Deutschland gilt. Es handele sich allerdings nicht um ein einfaches Unterfangen. Eine der notwendigen Voraussetzungen sei, „dass zeitgleich die massiv gestiegenen Kosten im Bereich Energie und Personal“ ausgeglichen werden. Christian Bernreiter (CSU), Verkehrsminister in Bayern, betonte, dass es unrealistisch sei, den deutschen Tarifd-Dschungel zu lichten, ohne dafür Geld zur Verfügung zu stellen.

9-Euro-Ticket hat zusätzlichen Verkehr geschaffen

Der Fahrgastverband Pro Bahn begrüßte Wissings Vorstoß ebenso und bemängelte die komplizierte Tarifstruktur im Nahverkehr. Andreas Schröder von Pro Bahn sagte daher, die Pläne des Verkehrsministers seien „grundsätzlich zu begrüßen“. Als Problem sieht er das Beharrungsvermögen der regionalen Verkehrsverbünde.

Laut Schröder habe sich gezeigt, dass durch das 9-Euro-Ticket in den letzten Wochen auch Freizeit-Verkehr entstanden ist, der verglichen mit den Zeiten ohne 9-Euro-Ticket so nicht stattgefunden hätte. Betroffen seien vor allem touristisch interessante Strecken sowie Strecken, auf denen Regionalbahnen parallel zum Fernverkehr fahren. Ein Nachfolge-Modell des 9-Euro-Tickets müsse unter der Prämisse entwickelt werden, keinen zusätzlichen Verkehr zu kreieren.

Keine Verlängerung des 9-Euro-Tickets

Wissing selber bezeichnete das 9-Euro-Ticket als „fulminanten Erfolg“. Es handele sich um die beste Idee für den Bahnverkehr seit langer Zeit. Laut dem Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) wurden Stand Ende Juni in ganz Deutschland etwa 21 Millionen der Sonderfahrkarten verkauft. Zu dieser Zahl kommen 10 Millionen Abonnenten, die automatisch von dem Sonderticket profitieren. „Wir haben spürbar weniger Verkehr auf den Straßen, deutlich weniger Staus. Offenbar sind viele vom Auto in Busse und Bahnen umgestiegen„, so Wissing weiter.

Trotz des Erfolges scheint es aktuell ausgeschlossen, dass das Angebot verlängert wird. „Allen ist aber (…) klar, dass der Bund kein Monatsticket für 9 Euro auf Dauer finanzieren kann. Das wären jährlich rund zehn Milliarden Euro„, sagte Wissing. Um das Einzuordnen: Allein eine Reform der Besteuerung von Firmenwagen könnte dem deutschen Fiskus jährlich Steuereinnahmen in Höhe von bis zu 42 Milliarden Euro bringen. Es drängt sich also der Verdacht auf, dass auch ein dauerhaftes 9-Euro-Ticket für den Staat bezahlbar wäre, wenn er bereit wäre, einen entsprechenden Fokus auf den Nahverkehr zu legen. Für Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ist die Sache aber klar: Er sprach sich bereits Ende Juni gegen eine Verlängerung des 9-Euro-Tickets aus.

29-Euro-Ticket als Alternative

Es gibt inzwischen jedoch verschiedene Modelle, die das Reisen mit dem Nah- und Regionalverkehr nach dem Ende des 9-Euro-Tickets vereinfachen und günstiger gestalten soll. Die Verbraucherzentralen etwa brachten die Idee eines 29-Euro-Tickets ins Spiel. Es würde sich quasi um das gleiche Modell handeln – einzig der Preis wäre höher. Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) wiederum hat ein Konzept namens Länder-Plus-Ticket entwickelt. Der aktuelle Tarif-Dschungel würde dann durch acht Großräume ersetzt, die sich teilweise überlappen würden. Abonnements in diesen Großräumen würden dann pro Monat zwischen 30 und 75 Euro kosten.

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