Die britischen Netzbetreiber stehen immer wieder vor einer kuriosen Situation. Denn einerseits hat die Regierung das Ziel vorgegeben, bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu werden. Dies wird sich nur durch den massiven Ausbau der Erneuerbaren Energien verwirklichen lassen. Auf der anderen Seite müssen aber regelmäßig Windräder abgeschaltet und durch Gaskraftwerke ersetzt werden. Der Hintergrund: Die Stromproduktion von Gasturbinen lässt sich sehr gut steuern. Sie werden daher benötigt, um die Netzfrequenz stabil zu halten. Ganz unproblematisch ist dies allerdings nicht. Denn im Gegensatz zu Windrädern verursachen Gaskraftwerke nun einmal CO2-Emissionen – wenn auch deutlich weniger als Kohlekraftwerke. In Schottland soll daher nun ein neuer Ansatz erprobt werden: Ein sogenannter Schwungradspeicher soll die Netzfrequenz stabil halten, ohne dabei fossile Energieträger zu benötigen.


Von Philip May - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Link
Von Philip MayEigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Link

Überschüssige Windenergie kann kurzfristig abgerufen werden

Gebaut und betrieben wird der neue Speicher durch die norwegische Firma Statkraft. Entwickelt wurde das System wiederum von der US-Firma General Electric. Beide Firmen halten sich mit der Veröffentlichung von technischen Details noch sehr stark zurück. Die grundsätzliche Funktionsweise sieht aber wie folgt aus: Überschüssige Windenergie kann genutzt werden, um ein Schwungrad in Rotation zu versetzen. Wird nun zusätzlicher Strom benötigt, um die Netzfrequenz stabil zu halten, sorgt ein Generator dafür, dass aus der kinetischen Energie des Schwungrads wieder elektrischer Strom wird. Der große Vorteil: Dies geschieht innerhalb von kürzester Zeit, sodass sich der Speicher ideal eignet, um auf kurzfristige Schwankungen zu reagieren. Ganz preiswert ist dies aber nicht: Die jetzt geplante Anlage an der schottischen Küste wird umgerechnet rund 28 Millionen Euro kosten.

Es handelt sich um das weltweit erste Projekt dieser Art

Was passieren kann, wenn die Netzfrequenz zu stark sinkt, mussten im vergangenen August mehr als eine Millionen Einwohner Großbritanniens erfahren: Sie saßen sprichwörtlich im Dunkeln als es zu einem der größten Stromausfälle der letzten Jahrzehnte kam. Der nun geplante Schwungradspeicher soll helfen, solche Probleme zukünftig zu vermeiden – und zwar ohne dabei zusätzliche Klimaemissionen zu verursachen. Das Projekt dürfte zudem weltweit mit Interesse verfolgt werden. Denn laut Julian Leslie, Netzchef beim britischen Betreiber National Grid ESO, ist es weltweit das erste Mal, dass ein Schwungradspeicher zur Stabilisierung der Netzfrequenz genutzt wird. Außerdem spricht er von „einem großen Schritt vorwärts bei unserem Ziel, im Jahr 2025 in der Lage zu sein, das britische Stromnetz vollkommen klimaneutral zu betreiben.“


Via: The Guardian

1 Kommentar

  1. Achmed Khammas

    8. Juli 2020 at 20:16

    Falls sich jemand über die bisherige Entwicklung der Schwungradspeicherung informieren möchte: http://www.buch-der-synergie.de/c_neu_html/c_10_05_e_speichern_schwungmassen.htm

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