Einst sollte in der Nähe von Stendal das größte Atomkraftwerk der DDR entstehen. Die Kosten explodierten im Laufe der 1980er Jahre aber immer weiter. Der Reaktorunfall in Tschernobyl verkomplizierte die Planungen dann noch einmal zusätzlich. Das Projekt wurde daher oftmals als teuerste Baustelle der DDR bezeichnet. Nach der Wiedervereinigung stellte sich dann zusätzlich noch heraus, dass die Technik durch die lange Bauzeit bereits wieder veraltet war. Der Bau des Kraftwerks wurde daher nie vollständig realisiert. Die Geschichte könnte hier nun als Misserfolg enden. Heute allerdings springt eine Statistik ins Auge: Während deutschlandweit die Industrie vor allem durch Erdgas angetrieben wird und der Anteil der Erneuerbaren Energien bei lediglich vier Prozent liegt, kommt Stendal auf einen Wert von stolzen 73 Prozent. Kein Landkreis in Deutschland steht besser dar. Verantwortlich dafür ist das größte Biomassekraftwerk Deutschlands. Bild: Wolkenkratzer, CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0>, via Wikimedia Commons Aus dem Holz werden zunächst Zellstoff und Biochemikalien gewonnen Errichtet wurde die Anlage im Jahr 2004. Verwertet wird dort in erster Linie Holz. Dazu gehören beispielsweise Überbleibsel aus Schreinereien sowie vom Borkenkäfer befallene Bäume. In erster Linie wird an dem Standort aber Holz als wertvoller Rohstoff verwertet. So werden aus dem angelieferten Nadelhölzern zunächst Zellstoffe sowie Biochemikalien gewonnen. Nur die im Anschluss an diese industriellen Prozesse noch verbleibenden Überreste der Bäume werden dann in einem Laugenkessel verbrannt. Dabei entsteht Dampf, der anschließend durch zwei Turbinen geleitet wird. Auf diese Weise wird jährlich rund eine Terawattstunde Strom gewonnen. Die Hälfte davon wird benötigt, um die industrielle Holzverwertung vor Ort mit der benötigten Energie zu versorgen. Der Rest wird in das öffentliche Netz der Stadt Stendal eingespeist. Genutzt werden kann der grüne Strom dann von Wirtschaft und Privathaushalten gleichermaßen. Holz muss immer möglichst vollständig verwertet werden Die Geschichte des Biomassekraftwerks in Stendal hat in der heutigen Zeit an Aktualität gewonnen. Denn nur rund die Hälfte der Energie in Deutschland wird von Privathaushalten verbraucht. Für eine erfolgreiche Energiewende ist daher die Versorgung der Industrie von ebenso entscheidender Bedeutung. Vor diesem Hintergrund ist es durchaus bedenklich, dass bisher nur im Landkreis Stendal die Industrie überwiegend auf Erneuerbare Energien setzt. Einfach kopieren lässt sich das Konzept allerdings nicht. Denn die Verwertung von Holz ist nur sinnvoll, wenn sie ganzheitlich erfolgt. Einfach frisch gefällte Bäume zu verfeuern, ist hingegen kein wirklich nachhaltiger Ansatz. Grundsätzlich ist daher noch immer der Ausbau von Wind- und Solarenergie die beste Option, um die Energiewende voranzutreiben. Das Beispiel in Stendal zeigt allerdings, dass vor allem bei der Versorgung der Industrie auch lokale und individuelle Lösungen möglich sind. Via: taz Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter
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