Computerchips verbrauchen Strom und erzeugen Abwärme. Zu einem besonderen Problem wird das in großen Rechenzentren, wie sie etwa für KI oder andere Anwendungen benötigt werden. Die Abwärme verpufft derzeit oft noch ungenutzt, was allein in Europa zu etwa 1,2 Exajoule Energieverlust aus der IT-Infrastruktur, Rechenzentren und Smart Devices führt. Dank eines neuen Materials könnte sich dies ändern: Eine Legierung aus Germanium und Zinn ermöglicht die Gewinnung von Strom bei gleichzeitiger Kühlung direkt auf der Ebene des Mikrochips. Damit könnten KI-Systeme, Datenzentren und quasi alle Computersysteme klimafreundlicher gemacht werden.


Bild: ACS Appl. Energy Mater. 2024, Volume 7, Issue 13 (CC-BY 4.0)

Thermoelektrische Materialien auch in Mikrochips?

Thermoelektrische Materialien erlauben es in der Theorie, einen Teil der in der IT-Infrastruktur verpuffenden Energie zurückzugewinnen und wieder in Strom umzuwandeln. Es handelt sich dabei um kristalline Feststoffe mit geringer Wärmeleitfähigkeit, aber guter Stromleitfähigkeit. Bei einseitigem Erwärmen entsteht in diesen Materialien ein Temperaturgradient, der Elektronen mobilisiert und so einen Stromfluss entstehen lässt. Derartige thermoelektrischen Generatoren sind sogar in der Lage, Strom aus der Wärme des menschlichen Körpers zu gewinnen.

Allerdings konnte diese Form der Stromgewinnung bisher nicht in Elektronik integrieren. „Dies liegt an einem großen Nachteil: Es gab bisher keine mit den Silizium-Halbleitern der Mikrochips kompatible Materialien, die bei den Arbeitstemperaturen der integrierten Schaltkreise thermoelektrisch sind„, erläutert Omar Concepción Díaz vom Forschungszentrum Jülich das Problem.


Kühlung bei weniger Stromverbrauch

Gemeinsam mit seinen Kolleg:innen hat Diaz ein Material gefunden, das ausreichend gute thermoelektrische Eigenschaften besitzt und dennoch in Mikrochips integriert werden kann. Spezifisch geht es um den Halbleiter Germanium, dem die Forscher:innen zwischen zehn und 14 Prozent Zinn zusetzen. Durch das zugesetzte Zinn wird die thermische Leitfähigkeit des Germaniums reduziert, die elektrischen Eigenschaften bleiben aber erhalten.

Der Zinn-Zusatz bewirkt eine 30-mal niedrigere thermische Leitfähigkeit als beim reinen Germanium und eine zehnfach niedrigerer als bei Silizium„, schreiben die Forscher:innen. Eine Legierung aus Germanium und Zinn mit einem Zinnanteil von zwölf Prozent zeigte im Test bei Schichtdicken von 100 bis 700 Nanometern eine Wärmeleitung von lediglich fünf Watt pro Meter mal Kelvin. Die elektrische Leitfähigkeit wird dabei nicht beeinträchtigt.

Effizientere Computersysteme

Diaz und seine Kolleg:innen gehen davon aus, mit diesem Material neue Möglichkeiten eröffnen zu können, Computersysteme effizienter und damit auch klimafreundlicher zu gestalten. Durch die Integrierung der Germanium-Zinn-Legierung als thermoelektrisches Element in Mikrochips ließe sich die Abwärme des Chips teilweise in elektrische Energie umwandeln. Dies könnte den Bedarf an externer Kühlung sowie den Netto-Stromverbrauch reduzieren.

Unsere Forschung kann erhebliche Auswirkungen auf den Bereich der ‚Green IT‘-Infrastrukturen haben„, so Koautor Giovanni Capellini vom Leibniz Institut für innovative Mikroelektronik in Frankfurt/Oder.

via Forschungszentrum Jülich

1 Kommentar

  1. Achmed Khammas

    16. Juli 2024 at 02:09

    Eine mehrjährige Übersicht zur Thermoelektrik findet sich hier: https://www.buch-der-synergie.de/c_neu_html/c_05_03_waermeenergie_4_a.htm#Thermoelektrische_Effekt

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