Die Unternehmensberatung Oliver Wyman analysierte die Folgen des kommenden Kohleausstiegs und kam zu folgendem Schluss: Die Strompreise könnten innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre um über 60 % steigen, zudem wird es wahrscheinlich extreme Preissprünge geben. An die Politik richten die Forscher den Appell, zügig gegenzusteuern.


Ansicht eines Kohlekraftwerkes in Werdohl-Elverlingsen Foto: By Dr.G.Schmitz (Own work) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

»Die Zeit der niedrigen Strompreise ist vorbei«

Die Großhandelspreise lagen 2018 bei ungefähr 40 Euro je Megawattstunde, schon 2022 werden sie auf mehr als 65 Euro steigen – so die Prognose. Gleichzeitig sollen sich die Energieimporte aus dem benachbarten Ausland verdoppeln, weil dann bereits Meiler mit etwa 12,4 Gigawatt Gesamtleistung vom Netz gegangen sind. Ende des Jahres 2022 steht dann schon die vollständige Stilllegung der letzten Atomkraftwerke an, Neckarwestheim 2 schließt pünktlich zum 31. Dezember 2022. Energiefachmann Jörg Stäglich meint dazu: »Die Zeit der niedrigen Strompreise ist vorbei.« Nicht jeder wird ihm in dieser Hinsicht zustimmen, denn die aktuellen Energiepreise liegen bereits auf Rekordniveau.

Der Großhandelspreis macht nur 20 % des Endpreises aus

Ein kleiner Trost für die Verbraucher liegt darin, dass der Endpreis weitaus nicht so extrem steigt wie der Großhandelspreis. In der Energieerzeugung und dem Vertrieb fallen nur 20 % der Kosten an, hinzu kommen die Netzentgelte, die stetig steigende EEG-Umlage und natürlich die Steuern, die allesamt der Konsument zu tragen hat. Wenn der Basispreis steigt, dann erhöhen sich im Gegenzug aber auch die Steuern. Und eine Aufstockung der Umlage um 5,5 % ist für das Jahr 2020 auch bereits angekündigt.


Bis 2038 soll der Kohleausstieg komplett vollzogen sein

Für die Zeit von 2023 bis zum Jahr 2029 ist dann wieder ein sinkender Strompreis in Sicht, zumindest im Großhandel. Die altbekannten 45 Euro je Megawattstunde könnten wieder erreicht werden, denn wahrscheinlich gehen bis dahin neue Gaskraftwerke ans Netz und aufgrund staatlicher Förderung wird es wohl auch zu einem Ausbau der Power-to-Gas-Anlagen und von Stromspeichern kommen. 2038 ist, wenn alles nach Plan läuft, der Kohleausstieg komplett vollzogen und der Strompreis ruht sich bei etwa 50 Euro aus. Allerdings wird die bereits erwähnte Volatilität des Preises weiterhin erhalten bleiben, denn Ökostrom ist nicht konstant vorhanden.

Die Unternehmensberatung appelliert an die Regierung, ihr Gesetz für den Kohleausstieg so kurzfristig wie möglich fertigzustellen. Nur so entsteht die nötige Planungssicherheit für Kraftwerksbetreiber, die dazu genutzt werden kann, möglichst keine Stromverknappung entstehen zu lassen. Wenn nicht sehr bald konkrete Regelungen feststehen, könnten die Strompreise noch viel höher steigen als prognostiziert.

Quelle: spiegel.de

3 Kommentare

  1. Jan

    19. Oktober 2019 at 10:05

    Unternehmensberatung + Spiegel = Lobbyismus

    Schade das so ein Bericht hier veröffentlicht wird, nur um wieder misstrauen gegen die dringend nötige und längst überfällige Energiewende zu streuen…

  2. Olaf Barheine

    19. Oktober 2019 at 16:34

    Wäre doch ein guter Grund auch mal wieder über das Energiesparen nachzudenken.

  3. Andro Wegner

    13. Februar 2020 at 03:00

    Wie bitte? Deutschland ist seit Jahren Strom-Nettoexporteur! 37 TWh gingen letztes Jahr mehr ins Ausland als importiert wurden! Die hohen Strompreise haben zum Teil auch mit dem liberalisierten Strommarkt zu tun, wo jeder sich melden kann & ein Gebot abgeben kann, egal, ob es eine Leitung gibt, die den Strom tatsächlich von À nach B transportieren kann. Hinzu kommen eine Menge Abgaben, an denen sich was ändern lässt.

    Was ebenfalls in der Rechnung nicht vorkommt, ist die Tatsache, dass die wenigsten Kraftwerke hierzulande auf Vollast laufen. Braunkohle lief lange relativ auf Vollast – aus wirtschaftlichen Gründen & teilweise wegen der Fernwärme. Kernkraft läuft weitgehend auf Vollast, ebenfalls aus wirtschaftlichen Gründen. Beides trägt massiv zum Anstieg der Stromexporte bei. D.h, wenn die Kern- & Kohlekraftwerke vom Netz gehen, sinken die Export-Überschüsse. Und die Gaskraftwerke bekommen mehr zu tun.

    Was ebenfalls unberücksichtigt bleibt, sind die Einsparpotentiale durch Sektorenkopplung & kleinteilige Direktversorgung, d.h, immer mehr Strom wird dort erzeugt, wo er auch verbraucht wird.

    Ein erheblicher Teil des Stroms, der heute verbraucht wird, kommt schon gar nicht mehr von Großkraftwerken & aus dem Hochspannungsnetz, sondern entsteht im Niederspannungsnetz, wird vor Ort verbraucht oder dort eingesammelt & wandert nur ein paar Häuser oder Straßen weiter. Tendenz steigend.

    Was im Moment noch teuer ist, ist die Netze entsprechend umzubauen & fit zu machen für die neuen Gegebenheiten. Aber unser Netz kommt derzeit bereits mit durchschnittlich 50% Erneuerbaren klar, obwohl ein großer Teil an Speicherkapazität erst im Bau oder vielleicht noch nicht einmal in der Planung ist, „einfach durch intelligentes Management.

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