Innerhalb der europäischen Institutionen tobt aktuell ein heftiger Streit. Denn die EU-Kommission will die CO2-Emissionen bis zum Jahr 2030 um 55 Prozent reduzieren. Dies wiederum ist den EU-Parlamentariern aber nicht ambitioniert genug. Sie haben daher einen eigenen Klimaschutz-Beschluss gefasst, der sogar eine Reduzierung um 60 Prozent vorsieht. Zunächst einmal klingt dies nicht nach einem gravierenden Unterschied. Schaut man allerdings auf die absoluten Zahlen, wird klar, dass sich die Ziele durchaus signifikant unterscheiden. So haben Berechnungen ergeben, dass alleine für das 55-Prozent-Ziel innerhalb der nächsten zehn Jahr rund eine Milliarde Tonnen CO2 eingespart werden müssen. Um auch das Ziel des EU-Parlaments zu erreichen, kämen noch einmal 300 Millionen Tonnen hinzu. Zum Vergleich: In den letzten dreißig Jahren konnten die Emissionen innerhalb der Europäischen Union um lediglich 1,5 Milliarden Tonnen gesenkt werden.


Höhere Klimaziele können sogar zusätzliche Jobs schaffen

Die britische Agentur Cambridge Econometrics hat nun einmal durchgerechnet, welche der beiden Varianten aus wirtschaftlicher Sicht am sinnvollsten ist. Das erstaunliche Ergebnis: Mittel- bis langfristig würde die EU auch wirtschaftlich von den ambitionierteren Zielen profitieren. Zunächst einmal fallen aber logischerweise zusätzliche Kosten an. Diese beziffern die Autoren auf rund zwölf Milliarden Euro zusätzlich im Vergleich zum 55-Prozent Ziel. Im Gegenzug könnten aber auch rund eine Millionen neue Jobs in zukunftsträchtigen Branchen wie der E-Mobilität und im Bereich der Erneuerbaren Energien entstehen. Alles in allem ließe sich auf diese Weise ein zusätzliches Wirtschaftswachstum in Höhe von 1,8 Prozent erreichen. Außerdem bringt der Kampf gegen den Klimawandel auch neue Einnahmequellen mit sich – etwa die CO2-Steuer und den Emissionshandel. Beide Instrumente müssten konsequent ausgebaut werden, um die geplanten Ziele zu erreichen.


Einzelne Branchen können extrem hart getroffen werden

Die Autoren räumen allerdings auch ein, dass es sich hier nur um eine Gesamtbilanz handelt. Einzelne Branchen könnten von den geplanten Maßnahmen auch deutlich härter getroffen werden. Es wäre dann Aufgabe der Politik, hier für Abfederungen zu sorgen. Wie dies aussehen könnte, wird aktuell in Deutschland am Beispiel der Kohle ausprobiert. Regionen, die vom Kohleausstieg besonders stark betroffen sind, sollen milliardenschwere Ausgleichszahlungen erhalten und so im besten Fall einen Strukturwandel gestalten können. Die Ergebnisse der Studie stehen zudem unter einem Vorbehalt. Denn die Analyse geht davon aus, dass die notwendigen Maßnahmen nun zeitnah und ohne größere Fehler umgesetzt werden. Genau dies halten viele Beobachter aber für eher unrealistisch. Die Tatsache, dass der eingangs geschilderte Streit zwischen Kommission und Parlament nun seit Monaten ungelöst ist, scheint diese Skepsis zu bestätigen.

Via: Der Spiegel

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