Wenn man ein Flugtaxi entwickeln möchte, benötigt man Investoren, die zwei Dinge mitbringen: Viel Geld und viel Geduld. Denn bisher ist noch völlig unklar, ob die neue Technologie die gewaltigen Erwartungen überhaupt erfüllen kann. Gleichzeitig muss schon jetzt massiv Geld in die Forschungs- und Entwicklungsarbeit gesteckt werden. Denn die Konkurrenz in der Branche ist riesig. Das deutsche Flugtaxi-Startup Lilium Aviation ist daher immer wieder auf der Suche nach neuen Geldgebern. Erst im vergangenen Jahr investierte das chinesische Technologieunternehmen Tencent rund 240 Millionen Dollar in das deutsche Startup. Nun soll bald ein Börsengang in den Vereinigten Staaten folgen. Weil dieser in der Regel aber sehr aufwändig ist, bedient man sich eines Tricks: Offiziell fusioniert Lilium mit der bereits gelisteten Firma Qell Acquisition. Dabei handelt es sich allerdings nur um einen leeren Börsenmantel, der eigens initiiert wurde, um einen Börsengang durch die Hintertür zu ermöglichen.


Das Konzept von Lilium stand wiederholt in der Kritik

Solche sogenannten Spacs sind allerdings durchaus umstritten. Wie bei jedem Börsengang gilt aber auch hier: Im Vorfeld sollte man möglichst viele Menschen von der eigenen Firma überzeugen. Auf der technischen Seite hat Lilium hier aber immer wieder mit Problemen zu kämpfen. So bezweifeln einige durchaus renommierte Fachleute, dass das theoretische Konzept hinter dem Lilium Jet auch in der Praxis funktionieren kann. Dem widerspricht das Unternehmen durchaus energisch und wirft den Kritikern vor, mit falschen Zahlen zu operieren. Letztlich dürfte sich der Streit hier um die Frage drehen, wie stark zukünftige Fortschritte bei der Entwicklungs- und Forschungsarbeit schon mit einkalkuliert werden dürfen. Schwerer wiegt hingegen die Tatsache, dass das deutsche Startup erst vergleichsweise wenig Flüge absolviert hat. Dies ist teilweise auch mit Pech zu erklären: Ein erster Demonstrator brannte bei Wartungsarbeiten ab. Es weckt aber auch Zweifel, ob sich Lilium tatsächlich auf dem richtigen Weg befindet.


Der Auftraggeber verfügt über einen bekannten Namen

Denn das deutsche Startup verfolgt einen anderen technologischen Ansatz als die meisten Konkurrenten. So setzen die meisten Firmen auf große über den Kabinen platzierte Rotoren. Die Flugtaxis ähneln dann eher einem Hubschrauber. Anders bei Lilium. Hier sollen kleine und einklappbare Rotoren in die Flügel integriert werden. Rein optisch nähert man sich so eher einem Flugzeug an. Der Vorteil dieser Variante: Es werden auch Flüge über größere Distanzen möglich. Der Nachteil: Man verfügt bisher nur über extrem wenig Erfahrungswerte mit so konstruierten Maschinen. All diese Skepsis will das Lilium-Management nun kurz vor dem Börsengang mit einer Erfolgsmeldung aus der Welt räumen: Gemeinsam mit der brasilianischen Airline Azul unterschrieb man eine Absichtserklärung über den Verkauf von 220 Lilium-Jets zum Preis von einer Milliarde Dollar. Hinter der Fluglinie steht mit David G. Neeleman ein in der Branche durchaus bekannter Name. Klar ist aber auch: Das Geld wird nur fließen, wenn das deutsche Startup auch tatsächlich ein Produkt liefern kann.

Via: Handelsblatt

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