Hitzewellen, in deren Verlauf die Temperaturen auch in Europa geradezu tropische Werte erreichen, sind keine Seltenheit mehr. Auch hierzulande stellen die Temperaturen im Sommer immer wieder neue Rekorde auf. Dass der wichtigste treibende Faktor hinter diesen Hitzewellen der Klimawandel ist, gilt inzwischen als wissenschaftlich belegt. Durch die Veränderungen im Klimasystem werden Wetterextreme verstärkt und der Jetstream abgeschwächt. Forscher:innen fanden nun einen überraschenden Mitverursacher für diese Hitzewellen in Mitteleuropa: Wenn der Nordatlantik ungewöhnlich stark abkühlt, wird es in Europa ungewöhnlich heiß. Verantwortlich dafür ist ein Luftdrucktrog über dem Atlantik, der vermehrt warme Luft nach Europa leitet. Paradoxer Zusammenhang zwischen kaltem Wasser und warmer Luft Entdeckt wurde dieser zusätzliche Hitzetreiber von einem Team rund im Julian Krüger vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. Die Forscher:innen wollten herausfinden, ob und wie die Hitzewellen in Mitteleurpa mit den Temperaturen des Wassers im Nordatlantik zusammenhängen. Für ihre Studie verglichen sie die Lufttemperaturen über Mitteleuropa mit den Oberflächentemperatur des Meeres im Zeitraum von 1979 bis 2019. Das Ergebnis überraschte das Team: Denn tatsächlich existiert ein solcher Zusammenhang, der allerdings ein wenig anders ausfällt, als man erwarten würde. Offenbar ist es nicht eine wärmere Meeresoberfläche, die Hitzewellen in Mitteleuropa begünstigt, sondern eine kältere. Die Forscher:innen identifizierten zwölf Kälteeinbrüche im Nordatlantik, auf die dann eine Hitzewelle in Europa folgte. Und für 17 europäische Hitzewellen lies sich ein vorangehender Rückgang der Oberflächentemperaturen im Nordatlantik zeigen. „Besonders gut sehen wir diesen Zusammenhang an den Sommern der Jahre 2015 und 2018, in denen der Nordatlantik ungewöhnlich kalt war und gleichzeitig Hitzewellen über Europa auftraten„, erläutert Krüger. Die Meerestemperaturen im Nordatlantik sanken kurz vor diesen Hitzewellen um etwa 2,5 Grad unter die Durchschnittswerte ab, woraufhin in Mitteleuropa und Skandinavien die Lufttemperaturen im bis zu vier Grad über die für diese Zeit typischen Durchschnittswerte. Meteorologische Kettenreaktion begünstigt Hitzewellen Das Team wollte diesen überraschenden Zusammenhang erklären und führte weitere Analysen durch. Diese zeigten, dass hinter der Korrelation eine Art meteorologische Kettenreaktion steht. Die kalte Meeresoberfläche beeinflusst ein über dem Nordatlantik liegendes Tiefdruckgebiet. Das Ergebnis ist ein Luftdrucktrog, der warme Luft in die oberen Luftschichten zieht und Richtung Europa treibt. So wird dann die Bildung eines Hochdruckgebiets über Mitteleuropa begünstigt. Die Folge ist die Entwicklung einer warmen, wolkenfreien Zone über Mitteleuropa, die dann auch über längere Zeit stabil bleibt. „Die anomal kühlen Meerestemperaturen im Nordatlantik sind dabei eher als begünstigender Faktor zu sehen, nicht als Voraussetzung„, so die Forscher:innen weiter. Die Analysen zeigen aber dennoch einen eindeutigen Zusammenhang, der belegt, dass viele Hitzewellen der letzten Jahre durch eine deutliche Abkühlung des Oberflächenwassers im Nordatlantik eingeleitet wurden. „Die Ergebnisse der Studie tragen dazu bei, den Zusammenhang zwischen der nordatlantischen Oberflächentemperatur und europäischen Hitzeereignissen besser zu verstehen„, so Krüger. Nicht zuletzt sei dies auch wichtig, um derartige Hitzewellen in Zukunft besser vorhersagen zu können. via GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter
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