Wenn ein Material einen superfluiden Zustand einnimmt, verliert es jede innere Reibung. Dadurch kann es extrem schnelle Wirbel bilden, aufwärts fließen und durch kleinste Lücken dringen. Superfluidität ist ein exotischer Quantenzustand, der lediglich unter extremen Bedingungen entsteht. Es gibt allerdings Substanzen wie etwa das Isotop Helium-3, die bereits bei Temperaturen knapp über dem absoluten Nullpunkt superfluid werden. Lange Zeit war unklar, ob molekularer Wasserstoff ebenfalls superfluid werden kann. Forscher:innen haben diese Unklarheit nun beseitigt und nachgewiesen, dass Wasserstoffmoleküle bei extrem niedrigen Temperaturen in einen superfluiden Zustand übergehen können.


Der Trick liegt in der Menge

Der russische Physiker und spätere Nobelpreisträger Vitaly Ginzburg sagte bereits 1972 voraus, dass molekularer Wasserstoff superfluid werden kann. Ginzburg ging davon aus, dass Wasserstoffmoleküle bei Temperaturen von etwa einem Grad über dem absoluten Nullpunkt in einen superfluiden Zustand übergehen müssten. „Diese Übergangstemperatur liegt jedoch unter dem Gefrierpunkt von Wasserstoff bei rund 13,8 Kelvin„, schreibt ein Team rund um Hatsuki Otani von der University of British Columbia in Kanada. Aus diesem Grund gefriert Wasserstoff, bevor er superfluid werden kann. Allerdings verhalten sich viele Stoffe anders, wenn sie nur in Gruppen aus wenigen Molekülen vorliegen und nicht in größerer Masse. Wenn winzige Wasserstofftröpfchen entsprechend weit heruntergekühlt werden, sollten sie also eigentlich superfluid werden. Allerdings resultierten bisherige Experimente in diese Richtung bisher immer in unklaren Ergebnissen.


Otani und seine Kolleg:innen versuchten deshalb, sich dem Problem von einer neuen Richtung aus zu nähern und entwickelten einen Ansatz nach dem Zwiebelschalen-Prinzip. Sie schlossen dafür Gruppen von fünf bis 20 Wasserstoffmoleküle in Tröpfchen aus ultrakaltem flüssigem Helium ein. In die Mitte dieser Wasserstoff-Cluster schleusten sie anschließend ein Methanmolekül ein. „Methan hat nur sehr schwache zwischenmolekulare Wechselwirkungen mit dem Wasserstoff, was es zu einem idealen Sensor macht„, schreibt das Team.

Wenn man das Methanmolekül mithilfe eines Laserimpulses anregt, geht es in einen rotierenden Zustand über. Je geringer der Widerstand der das Molekül umgebenden Wasserstoffmoleküle ist, desto schneller rotiert es auch. Wenn der Wasserstoff im superfluiden Zustand vorliegt, dann sollte sich das Methanmolekül ebenso schnell drehen wie wenn es frei im Raum schweben würde.Die Physiker:innen kühlten den Komplex in einem Experiment auf 0,4 Kelvin ab und ermittelten dann die Rotationsgeschwindigkeit des Methanmoleküls.

Superfluidität bei Wasserstoff

Wir waren begeistert, als wir das erste Mal ein erstaunlich klares Methanspektrum aus dem winzigen Wasserstofftröpfchen einfingen. Das ist ein starkes Indiz für die Superfluidität des Wasserstoffs„, so Otani. Dies trat in dem Experiment immer dann auf, wenn der Cluster zwischen 15 und 20 Wasserstoffmoleküle enthielt. Die Ergebnisse bestätigen somit die vor mehr als 50 Jahren postulierte Theorie von Vitaly Ginzburg. Wasserstoff kann zwar in großen Mengen nicht superfluid werden, sehr wohl aber dann, wenn es in kleinen Tröpfchen vorliegt. „ Unsere Studie liefert starke experimentelle Belege für die Existenz einer superfluiden Phase des molekularen Wasserstoffs bei 0,4 Kelvin. Dies repräsentiert einen wichtigen Fortschritt in unserem Verständnis des Quantenverhaltens molekularer Systeme„, schreiben die Forscher:innen.

via University of British Columbia

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