Eigentlich ist die Sache seit dem Jahr 1995 klar: In der sogenannten Basler Vereinbarung ist geregelt, dass kein Plastikmüll exportiert werden darf, der nicht wiederverwertet werden kann. Vor drei Jahren wurden die entsprechenden Regelungen zudem noch einmal verschärft. Lange Zeit war dies für Deutschland kein großes Problem. Denn ein Großteil des Plastikmülls wurde schlicht zum Recycling nach China verschifft. Dort wurden die Rohstoffe benötigt, während die Behörden bei den Folgen für die Umwelt und die Mitarbeiter nicht so genau hinschauten. Dies änderte sich im Jahr 2018: China verbot schlicht alle Importe von Plastikmüll. Die Müllströme verschoben sich daraufhin zunächst in andere asiatische Länder. Inzwischen haben aber auch Vietnam, Malaysia und Thailand ähnliche Regelungen erlassen. Stattdessen scheint nun die Türkei die Rolle der externen Müllhalde zu übernehmen. Darauf deutet zumindest eine Untersuchung der Organisation Greenpeace Türkei hin. Die Belastung für Böden, Luft und Gewässer sind gewaltig Für ihre Analysen nahmen die Experten zahlreiche Proben in der Industrieregion zwischen den Mittelmeerstädten Mersin und Iskenderun. Das Hinterland dort gilt eigentlich als eine der fruchtbarsten Regionen innerhalb des Landes. Inzwischen aber fürchten die Bauern um ihre Böden und Ernten. Sie berichten von zahlreichen offenen Feuern, in denen Plastikmüll einfach verbrannt wird. Der dabei entstehende schwarze Rauch stellt eine gesundheitliche Gefährdung für die Einwohner dar. Gleichzeitig konnten die Umweltschützer auch deutlich erhöhte Werte bei Schadstoffen und Giften in Erde, Wasser, Asche und Flussschlamm nachweisen. Bei einer Probe lag der Dioxinwert beispielsweise 400.000 mal höher als gewöhnlich. Auch Furan und weitere giftige Stoffe wiesen flächendeckend stark erhöhte Werte auf. Selbiges gilt für Schwermetalle wie Blei. Es steht daher zu befürchten, dass hier eine dauerhafte Umweltkatastrophe entsteht, deren Folgen nur schwer wieder rückgängig zu machen sind. Recycling sollte im Idealfall lokal erfolgen Tatsächlich sollte schon ein Blick auf die nackten Zahlen zum Nachdenken anregen. So exportierte Deutschland im Jahr 2020 136.083 Tonnen Plastikmüll in die Türkei – doppelt so viel wie ein Jahr zuvor. Aus ganz Europa kamen sogar stolze 656.560 Tonnen Plastikmüll. Die wenigen türkischen Unternehmen, die tatsächlich im Bereich des Plastik-Recyclings aktiv sind, haben aber gar nicht die Kapazitäten, um solch große Mengen zu verarbeiten. Es liegt daher nahe, dass zumindest ein Teil der Importe auf andere Art und Weise entsorgt wird. Ähnliche Beobachtungen wurden vor den dortigen Importverboten auch in asiatischen Ländern gemacht. Die Experten von Greenpeace fordern daher eine eindeutige Lösung: Plastikmüll sollte gar nicht mehr exportiert werden dürfen. Stattdessen sollte das Verursacherprinzip gelten: Dort, wo der Müll anfällt, muss er auch recycelt oder fachgerecht entsorgt werden. Aktuell würde dies in Deutschland wohl bedeuten, dass noch mehr Plastik in Müllverbrennungsanlagen wandert – was zumindest besser wäre als die offenen Feuer in der Türkei. Mehr zu der Problematik hierzulande: Zu wenig Rezyklat: Woran das Plastik-Recycling in Deutschland wirklich scheitert Via: Taz Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter
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