In Deutschland liefern etwa 30.000 Windräder Strom. Weltweit sind es mehr als 200.000. Diese Windräder vereint eine Tatsache: Sie drehen alle aus Sicht des auf sie zuströmenden Winds im Uhrzeigersinn. Grund dafür ist eine Übereinkunft der führenden Windradhersteller, die sich darauf einigten, Rotorblätter mit Profilen herzustellen, die das Windrad rechtsherum drehen. Eine Arbeitsgruppe des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt fand nun heraus, dass dadurch potentiell Energie verschwendet wird. Foto: Wind power, Håkan Dahlström, Flickr, CC BY-SA 2.0 23 Prozent mehr Ausbeute Wenn ein Windrad alleine steht und sich im Wind dreht, ist die Drehrichtung der Rotorblätter tatsächlich egal. Ein Windrad steht aber in der Regel in einem Windpark und somit im Windschatten anderer Windräder. Dementsprechend gibt es viele Studien, die die Auswirkungen von Abständen und Anordnungen der Windräder auf die Energieausbeute untersuchen. Auf die Idee, auch die Drehrichtung der Rotoren unter die Lupe zu nehmen, kam bisher niemand. Genau dies hat nun eine Arbeitsgruppe rund um Antonia Englberger und Andreas Dörnbrack vom Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) untersucht. Um die Auswirkungen der Drehrichtung zu untersuchen, haben die Forscher Computer-Simulationen der Strömungsverhältnisse hinter den Windrädern untersucht. Das Ergebnis überraschte die Forscher: Theoretisch wären linksdrehende Windräder besser als ihre rechtsdrehenden Alternativen. Denn theoretisch ließe sich so durch die hinter einem Windrad stehenden anderen Windräder bis zu 23 Prozent mehr Energie gewinnen. Diese Beobachtungen treffen – die Äquivalente auf der Südhalbkugel drehen sich bereits in der optimalen Richtung. Aktuell stehen jedoch mehr als 90 Prozent aller weltweiten Windräder auf der Nordhalbkugel. Die auftretende Erhöhung der Ausbeute der Windräder ergäbe ich vor allem nachts. Theoretisch könnten so bis zu 23 Prozent mehr Energie mit den Windrädern gewonnen werden. Windverhältnisse und Coreoliskraft Die Windverhältnisse hinter einem Windrad erscheinen oberflächlich recht einfach. Ein Teil der Geschwindigkeitsenergie des anströmenden Windes wird durch das Windrad in elektrische Energie umgewandelt. Dahinter ist der Wind dann schwächer. Die Umgebungswinde beschleunigen die langsamer gewordene Luftströmung dann wieder. Will man die Strömungsmuster hinter Windrädern genau simulieren, muss man zusätzlich betrachten, dass die Windströmung oben am Windrad anders sein kann als unten. Der Höhenunterschied beträgt schließlich nicht selten 150 Meter. Bei Tag vermischen sich die Luftschichten durch die vom Boden aufsteigende Wärme jedoch, sodass im Idealfall tagsüber in allen Höhen am Windrad der gleiche Wind weht. In diesem Fall spielt die Drehrichtung des Windrads keinerlei Rolle. Nachts sieht das anders aus. Die Windverhältnisse sind in der Nacht vielschichtig und, da die aufsteigende Wärme ausbleibt und die Luftschichten nicht durchmischt werden. Je näher am Erdboden eine Luftschicht liegt, desto geringer ist die Windgeschwindigkeit. Mit zunehmender Höhe nimmt die Geschwindigkeit des Windes zu, wodurch in größeren Höhen die durch die Drehung der Erde entstehende Corioliskraft auch größer wirkt. Die Corioliskraft lenkt den Wind auf der Nordhalbkugel aus der Strömungsrichtung nach rechts ab. Daraus resultiert, dass der Wind höher am Windrad weiter nach rechts gedreht ist als unten. Hinter rechtsdrehenden Windrädern hat der Nachlauf-Wind durch den Einfluss des Rotorblatts dann wieder eine deutliche Linkskomponente. Die Computersimulationen der Forscher kamen zu dem Schluss, dass die linksdrehenden Nachlauf-Winde der Rotorblätter und die nach rechts gescherten Winde aus der Umgebung sich dann gegenseitig abschwächen. Dieser Effekt ließe sich durch linksdrehende Rotorblätter vermeiden. Bei linksdrehenden Windrädern erreiche der Wind nachts das nächste Windrad somit mit höherer Geschwindigkeit als bei rechtsdrehenden, konstantieren die Forscher. Somit würde auch die Energieausbeute steigen. Würde sich der Umstieg lohnen? Um die Drehrichtung der Windräder auf der Nordhalbkugel zu ändern, müssten die Profile der Rotorblätter geändert sowie die Zahnradgetriebe der Windräder neu entworfen werden. Der beschriebene Effekt nimmt zudem in Hügellandschaften sowie in großen Windparks ab. „ Während in Deutschland die Tag-Nacht-Unterschiede der Windverhältnisse nicht so auffällig und einheitlich verlaufen, gibt es zum Beispiel in den großen Flächen der Great Plains in den USA einen deutlichen Tag-Nacht-Zyklus, bei dem in der Nacht eine stabile atmosphärische Schichtung aufgebaut wird. Deshalb kann in solchen Regionen oder auch auf dem Meer eine solche Überlegung durchaus relevant sein„, so Bernhard Stoevesandt, der Leiter der Aerodynamik-Abteilung des Fraunhofer-Instituts für Windenergiesysteme IWES in Oldenburg. via Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter