Die Virologin Sandra Junglen hat einen eher ungewöhnlichen Job. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen stellt sie im Regenwald und der Umgebung kleine Fallen auf. Darin sammeln sich dann Stechmücken, Zecken und Sandfliegen. Die Tiere selbst interessieren die Forscher allerdings nur sekundär. In erster Linie geht es ihnen um Viren, die möglicherweise von den einzelnen Spezies übertragen werden. Die Besonderheit des Ansatzes: Es wird nicht gezielt nach Viren gesucht, von denen bereits bekannt ist, dass sie auch dem Menschen Schaden können. Stattdessen geht es darum, ein möglichst umfassendes Bild davon zu bekommen, wie breit das Erregerspektrum tatsächlich ist. Außerdem sollen zwei wichtige Punkte geklärt werden: 1. Welche biologischen Faktoren befördern beziehungsweise hemmen die Ausbreitung? 2. Welche Veränderungen entstehen bei den Viren, wenn diese ihr angestammtes Ökosystem verlassen? Normalerweise sorgen die Nahrungsketten für ein natürliches Gleichgewicht In einem Interview mit der Wochenzeitung „Die Zeit“ hat die Wissenschaftlerin nun genauer erläutert, welcher Zusammenhang zwischen intakten Ökosystemen und der Eindämmung von Pandemien besteht. Konkret stehen dabei nicht die Viren selbst im Fokus, sondern die Wirte. Als grundsätzliche Faustformel gilt dabei: Je mehr Wirte es gibt, desto stärker breiten sich die darauf spezialisierten Viren aus. In einem intakten Ökosystem sorgen die Nahrungsketten dafür, dass sich keine Art übermäßig stark ausbreiten kann. Hierbei gilt: Je komplexer das Ökosystem, desto besser funktioniert diese Selbstregulierung. Auf der anderen Seite ist damit aber auch klar: Eingriffe von außen können dieses Gleichgewicht durcheinander bringen. Bestimmte Wirte können sich dadurch stärker ausbreiten als gewöhnlich, was wiederum auch die Ausbreitung der darauf spezialisierten Viren befördert. Eine niedrigere Biodiversität erhöht die Wahrscheinlichkeit von Übertragungen Verdeutlichen lässt sich dies am Beispiel der Lyme-Borreliose. Diese Infektionskrankheit wird vor allem durch Zecken übertragen. Die für den Ausbruch verantwortlichen Bakterien infizieren aber zumeist zunächst eine bestimmte Nagetierart. Diese wiederum hat einige natürliche Feinde wie Füchse oder Raubvögel. In Gebieten mit niedriger Biodiversität kommen diese natürlichen Feinde allerdings seltener vor. Dadurch wiederum konnten sich die Nagetiere schneller ausbreiten als üblich, was zu einer höheren Dichte an potenziellen Wirten führte. Das Virus infiziert somit mehr Tiere als in Gebieten mit einer hohen Biodiversität. Wird hier nun jemand von einer Zecke gebissen, besteht ein erhöhtes Infektionsrisiko. Diese grundlegende Systematik lässt sich auf eine Vielzahl an Viren und Wirte übertragen. Für die Forscherin ist damit klar: Ein intakter Regenwald mit einem vielfältigen Ökosystem ist der beste Schutz gegen zukünftige Pandemien. Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter
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