Halbleiter spielen eine wesentliche Rolle in moderner Elektronik. Materialien wie Silizium, Germanium oder Perowskite zeichnen sich durch eine Bandlücke aus. Durch diese werden Elektronen oder positive „Löcher“ im Kristallgitter erst dann Mobil, wenn Energie zugeführt werden, sodass die Halbleiter auch nur bei Energiezufuhr Strohm leiten. Chemiker:innen gelang es nun, den schnellsten und effizientesten Halbleiter der Welt zu konstruieren, der neue Rekorde bei der Geschwindigkeit des Ladungstransports bricht. Diese neue Halbleiter-Klasse könnte auch Elektronik entsprechend schneller und effizienter machen. Entdeckung durch Zufall Der Ladungstransport in gängigen Halbleitern unterliegt einer Art „Tempolimit“: „Bei Raumtemperatur werden die Ladungsträger durch Gitterschwingungen schon innerhalb weniger Nanometer und Femtosekunden gestreut„, erklärt ein Team rund um Jack Tulyagankhodjae von der Columbia University in New York. Diese Gitterschwingungen produzieren sogenannte Phononen. Dabei handelt es sich um Quasiteilchen, die Elektronen ablenken, ihre Energie absorbieren und den Halbleiter warm erden lassen. Die Forscher:innen haben nun ein Problem für dieses Problem entdeckt – und zwar durch Zufall beim Testen der Auflösung eines neuen Mikroskops. Um dieses zu testen, untersuchten sie ein superatomisches Material, das sie gerade erst im Labor synthetisiert hatten. Es handelte sich um Re6Se8Cl2, dessen Moleküle aus sechs oktaederförmig miteinander verknüpften Rheniumatomen, die von einem Würfel aus acht Selenatomen eingeschlossen werden bestehen. Neuer Geschwindigkeitsrekord Als das Team das Material mit Licht anregten und die Ladungsbewegungen in ihm analysierten, waren die Forscher:innen von dem Ergebnis überrascht. „Es passierte das Gegenteil von dem, was wir erwartet hatten. Statt der erwarteten langsamen Bewegung sahen wir das Schnellste, was wir je gesehen hatten„, so Milan Delor von der Columbia University, einer der Seniorautoren der Studie. „In Bezug auf den Ladungstransport ist Re6Se8Cl2 der schnellste Halbleiter, den wir bisher kennen„, erklärt Delor weiter. Die Elektronen im Material bewegen sich doppelt so schnell wie in Silizium und 23 mal so schnell wie in Wolframselenid. Damit ist das Material der erste Halbleiter, der bei Raumtemperatur einen quasi-ballistischen Fluss der Ladungen aufweist. Das bedeutet, dass die Elektronen und Löcher weitgehend ohne Gitterschwingungen durch das Material fließen. Ermöglicht wird das zum einen dadurch, dass die Superatome das Kristallgitter des Halbleiters versteifen und so verhindern, dass Gitterschwingungen auftreten. Zum anderen verbinden sich die Elektronen mit den Phonon-Quasiteilchen, sodass Polaronen entstehen, eine neue Art Quasi-Partikel, die schwer und langsam sind. Diese Ladungsträger sind nur schwer zu streuen und abzulenken, weshalb ihr Transport letztlich schneller ist als der vonElektronen in normalen Halbleitern. Noch nicht bereit für den Einsatz in der Massenproduktion Derartige Halbleiter könnten in Zukunft in moderner Elektronik zum Einsatz kommen. „Diesen wellenartigen, weitreichenden elektronischen Energiefluss in 2D-Materialien zu generalisieren, könnte eine Ära von nahezu verlustfreier Nanoelektronik einleiten„, so das Team. Ein Problem gibt es allerdings: Rhenium ist extrem selten und teuer, weshalb der neue Halbleiter nicht für eine Massenproduktion geeignet ist. Allerdings könnte solch ein Ladungstransport auch in anderen Quantenmaterialien vorkommen. „Dies ist zwar bisher das einzige Material, in dem ein anhaltender ballistischer Ladungstransport bei Raumtemperatur beobachtet wurde. Aber wir können nun vorhersagen, welche anderen Materialien dieses Verhalten noch zeigen könnten. Es gibt dort draußen eine ganze Familie von superatomischen und anderen 2D-Halbleitermaterialien, deren Eigenschaften für die Polaron-Bildung günstig sind„, so Delor. via Columbia University Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter
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