Grüner Wasserstoff ist vielseitig verwendbar. Er ist nicht nur als Kraftstoff oder Rohstoff eingesetzt werden, sondern auch als chemischer Energiespeicher fungieren, der überschüssigen Strom aus Wind- oder Sonnenenergie speichert. Im Idealfall wird der verwendete Wasserstoff durch elektrochemische Wasserspaltung (Elektrolyse) unter dem Einsatz von Solar- oder Windstrom gewonnen. Allerdings wird dafür flüssiges Wasser benötigt. Forscher:innen gelang es nun, ein Elektrolysesystem zu entwickeltn, das statt auf flüssiges Wasser auf Feuchtigkeit aus der Umgebungsluft zurückgreift. Wasser direkt aus der Luft Die meisten Elektrolyseanlagen verwenden reines Süßwasser. Es existieren allerdings auch bereits Anlagen, die an die Nutzung von Meerwasser angepasst wurden. Wenn allerdings an einem Standort reichlich Wind- und Sonnenenergie vorhanden ist, es aber an flüssigem Wasser mangelt, dann wird es mit der Wasserstoffgewinnung durch Elektrolyse bisher schwierig. „Auf der Mehrheit der Kontinente ist das Potenzial von Solar- und Windenergie in den Gebieten am höchsten, wo Wassermangel herrscht“, erklärt ein Forschungsteam rund um Jining Guo von der University of Melbourne. Würde unter solchen Bedingungen flüssiges Wasser für Elektrolyse verwendet werden, dann würde dies den bestehenden Wassermangel noch weiter verschärfen. Aber selbst dort, wo Wassermangel ein Problem ist, gibt es eine Wasserressource, die bisher kaum genutzt wird: Die Umgebungsluft. „Selbst in der Wüste der Sahelzone liegt die relative Luftfeuchtigkeit in Schnitt bei rund 20 Prozent, am Uluru in der zentralen Wüste Australiens sind es 21 Prozent“, so die Forscher:innen. Um dieses Potenzial nutzen zu können, hat das Team ein Elektrolyse-System entwickelt, das die Luftfeuchtigkeit zur Spaltung von Wasser nutzen kann. „Dieses Direct-Air-Elektrolyse-Modul (DAE) kann selbst unter knochentrockenen Bedingungen mit nur vier Prozent Luftfeuchtigkeit arbeiten und grünen Wasserstoff unter minimalem Umwelteinfluss produzieren“, erklärt das Team. Zwölftägiger Praxistest verlief vielversprechend Das System besteht aus zwei gitterförmigen Platinelektroden, die jeweils mit einem eigenen Gasauffangbehälter verbunden sind. Zwischen den Elektroden liegt ein schwammartiger Block aus Gaswolle, der mit einem flüssigen Elektrolyt getränkt wurde. Dieser Elektrolyt zieht Wasser an und kann auch Wasserdampf aus der Luft absorbieren und so die für die Wasserspaltung benötigte Flüssigkeit liefern. In ersten Experimenten verwendete das Team Schwefelsäure als Elektrolyt. Möglich wäre aber auch Kalilauge, welche über eine noch bessere Absorptionsfähigkeit verfügt. Allerdings reagiert sie auch mit dem Kohlendioxid aus der Luft, weshalb dieses zuvor ausgefiltert werden müsste. Der Strom für die experimentelle Anlage kommt von einem mit dem System gekoppelten Solarmodul. Dieses könnte aber problemlos durch ein Windrad ersetzt werden. In einem Praxistest mit einem Prototypen aus fünf Testmodulen, die übereinandergestapelt wurden, haben die Forscher:innen ihre Direct-Air-Elektrolyse über einen Zeitraum von zwölf Tagen getestet. Die relative Luftfeuchtigkeit lag dabei zwischen 20 und 40 Prozent. Während des Tests wurden Daten wie die Sonnenscheindauer, die Solarstrom-Zufuhr und die produzierte Menge an Wasserstoff aufgezeichnet. An einem Tag, an dem durchgehend die Sonne schien, konnte das DAE-Modul 186 Milliliter Wasserstoff pro Stunde produzieren, sodass die Forscher:innen am Ende des Tages 1,49 Liter Wasserstoff verzeichnen konnten. Bei einer Kathodenfläche von einem Quadratmeter würde dies 745 Liter Wasserstoff pro Tag entsprechen“, so das Team. An einem relativ wolkenverhangenen Tag konnte das System bei deutlich geringerer Stromzufuhr dennoch noch 1,2 Liter Wasserstoff produzieren. Während des zwölftägigen Tests konnte das System einen Faradayschen Wirkungsgrad von 95 Prozent für den Wasserstoff erreichen. Die Reinheit des erzeugten Wasserstoffs lag dabei bei mehr als 99 Prozent. System ist quasi beliebig skalierbar „Damit haben wir eine Methode demonstriert, die hochreinen Wasserstoff aus der Luft erzeugen kann, indem sie einen hygroskopischen Elektrolyten in einem porösen Medium als Feuchtigkeits-Absorber nutzt“, so die Forscher:innen. Das neue DAE-System sei bisherigen Verfahren der Elektrolyse oder der photokatalytischen Wasserspaltung auf Basis von Wasserdampf überlegen. Zudem könne das System autonom arbeiten. „Nachdem der Prototyp acht Monate lang ohne jede Wartung im Freien geblieben war, lag sein Faradayscher Wirkungsgrad beim Wasserstoff noch immer bei rund 90 Prozent“, berichtet das Team. Die Direct-Air-Analyse, so die Forscher:innen, eröffne neue Möglichkeiten zur Produktion grünen Wasserstoffs ohne den Rückgriff auf flüssiges Wasser. In Klimakammern wurde die Wasserabsorption durch Schwefelsäure bis runter zu einer Luftfeuchtigkeit von vier Prozent getestet. „Solche DAE-Farmen haben das Potenzial, reichlich Wasserstoff selbst in ariden und semi-ariden Regionen zu generieren – mit minimalen Eingriffen in Umwelt und regionale Luftfeuchtigkeit“, schließen die Forscher:innen. Das System ist zudem nahezu beliebig skalierbar und kann mit verschiedenen erneuerbaren Stromquellen verknüpft werden. via Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter
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