Es ist ein bisschen die Frage nach der Henne und dem Ei: Muss zunächst ausreichend grüner Wasserstoff zur Verfügung stehen, damit sich der Aufbau eines Leitungsnetzes lohnt? Oder ist es gerade umgekehrt? Ist also der Aufbau der notwendigen Infrastruktur die Voraussetzung für die Produktion ausreichend großer Mengen? In Hamburg lässt sich diese Glaubensfrage sogar anhand von politischen Köpfen darstellen. Wirtschafts- und Innovationssenator Michael Westhagemann trommelt beispielsweise seit vielen Jahren für den Bau eines großen Elektrolyseurs. Dieser soll mithilfe von Ökostrom grünen Wasserstoff produzieren. Das Gas wiederum wird in vielen Industriebetrieben benötigt, um die Produktion vollständig klimaneutral zu gestalten. Bisher sind die Pläne des Senators aber noch vergleichsweise weit von der Umsetzung entfernt. Umwelt- und Energiesenator Jens Kerstan setzt daher nun auf ein eher bodenständiges Projekt. Die Investitionen können vergleichsweise einfach gestemmt werden So wird das städtische Unternehmen Gasnetz Hamburg in den nächsten Jahren ein Leitungssystem für Wasserstoff aufbauen. Die Rohre sollen dabei den Hafen mit den dort ansässigen Industriebetrieben verbinden. Läuft alles nach Plan sind dann schon in wenigen Jahren die 15 größten CO2-Emittenten der Stadt an das neue Netz angeschlossen. Ein bisschen Geld muss dafür schon in die Hand genommen werden. So sind in den nächsten fünf Jahren Investitionen in Höhe von sechzig Millionen Euro geplant. Bis zum Ende des Jahrzehnts sollen dann noch einmal weitere dreißig Millionen hinzukommen. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass Gasnetz Hamburg ein hochprofitables Unternehmen ist und alleine im vergangenen Jahr einen Gewinn in Höhe von zwanzig Millionen Euro machte. Das städtische Unternehmen kann es sich also durchaus leisten, mit Investitionen erst einmal in Vorleistung zu treten. Klar ist aber auch: Rechnen wird sich das ganze nur, wenn die angeschlossenen Unternehmen das Angebot dann auch nutzen. Die Fehler der Energiewende dienen als Mahnung Genau an diesem Punkt sind aber noch einige offene Fragen zu klären. Zunächst einmal muss ausreichend grüner Wasserstoff in das Netz eingespeist werden. Dies ist schwieriger als es auf den ersten Blick klingt. Denn selbst wenn der von Senator Westhagemann geplante Elektrolyseur bald seinen Betrieb aufnähme, könnte er nur rund ein Zehntel des Bedarfs decken. Der übrige benötigte Wasserstoff müsste vermutlich importiert werden. Hamburg steht mit diesem Problem keineswegs alleine dar, weshalb die Bundesregierung unter anderem Wasserstoff-Projekte in Marokko fördert. Energiesenator Kerstan hält die Vorgehensweise des Stadtstaats dennoch für korrekt. Zur Veranschaulichung verweist er auf das Beispiel der deutschen Energiewende. Bei dieser habe man zuerst die Produktion an Ökostrom hochgefahren – etwa durch den Bau von Wind- und Solaranlagen. Der Netzausbau sei aber bis heute nicht abgeschlossen. Dies hat zur Folge, dass der saubere Strom oftmals nicht dorthin transportiert werden kann, wo er benötigt wird. Beim Wasserstoff soll dies zumindest in Hamburg nicht passieren. Via: Die Zeit Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter