Wasser ist allgegenwärtig und an und für sich ein simples Molekül, das allerdings mit allerlei spannenden Eigenschaften daherkommt. Es existieren mehr als ein Dutzend verschiedene Eisformen, und auch im flüssigen Zustand weist Wasser interessante Eigenschaften wie die Dichteanomalie oder Eigendissoziation auf. Nun kommt noch mehr hinzu: Forscher:innen haben entdeckt, dass Wasser unter beengten Bedingungen bisher unbekannte Phasenzustände annehmen kann. Einlagige Wasserschichten Ein Team von Physiker:innen rund um Venkat Kapil von der University of Cambridge hat mithilfe komplexer physikalisscher Modelle sowie künstlicher Intelligenz untersucht, wie sich die Struktur einer Wasserschicht, die nur ein Wassermolekül dick ist, unter verschiedenen Temperatur- und Drückverhältnissen verhält. „Wasser in solchen nanoskaligen Hohlräumen ist allgegenwärtig und spielt eine zentrale Rolle für unzählige Alltagsphänomene„, so die Forscher:innen. Derartige einschichtige Wasserschichten kommen etwa in Kapillaren und Membranen aller Lebewesen vor. Und auch im Untergrund existieren solche Schichten, die auch für technische, medizinische und chemische Anwendungen eine wichtige Rolle spielen können. Man weiß bisher allerdings nicht viel darüber, wie sich Wasser unter solchen Bedingungen verhält. Allerdings ist klar, dass die Wassermoleküle in solchen Schichten durch die Anziehungskräfte der Wände unter hohem Druck stehen. Erstes Phasendiagramm Die Physiker:innen konnten nun ein Phasendiagramm für solch einlagige Wasserschichten erstellen. Dabei handelt es sich um ein Diagramm, in dem die Veränderungen in Abhängigkeit von Temperatur und Druck dargestellt werden. Die Modellierung der Forscher:innen stellt die Zustände von einlagigem Wasser erstmal nach der First-Principles-Methode dar, die nur auf bekannten Gesetzmäßigkeiten basiert. So wird sichergestellt, dass Ergebnisse nicht durch Vorannahmen oder Hypothesen verfälscht werden. Das Verfahren ist der Goldstandard für physikalische Berechnungen und Modellierungen. In dem Diagramm zeigten sich zuerst bekannte Phasenübergänge, etwa den vom flüssigen Zustand in verschiedene Eiszustände bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt. Dabei wechselt die Anordnung der Wasssermoleküle mit steigendem Druck vom normalen hexagonalen Atomgitter über eine pentagonale Form zu einem quadratischen und schließlich zu einem flach-rhombischen Kristallgitter. Währenddessen durchläuft das Wasser mehrere Triplepunkte, an denen jeweils drei verschiedene Phasen gleichzeitig vorliegen. Hexatische Phase: Bisher nur Theorie Dann aber fanden die Physiker:innen etwas Überraschendes: Bei dem für nanoskalige Kanäle typischen Druck von 0,5 bis 2 Gigapascal wechselt das Wasser bei Raumtemperatur ging das Wasser in einen exotischen Zustand über, der vorher nie beobachtet werden konnte. „Das Wasser nimmt eine Phase ein, die weder fest noch flüssig ist, so die Forscher:innen. Die Atome der Wassermoleküle verbleiben dabei zwar grob in einem sechseckigen Muster, allerdings drehen sich die Moleküle dabei fortwährend um sich selbst. Solche Zustände wurden bisher nur von einigen Forscher:innen theoretisch postuliert. Die Kombination von sechszähliger Symmetrie und starker Rotation ist sehr exotisch und wird als „hexatische“ Phase bezeichnet. Die Arbeit der Physiker:innen legt nun erstmals nahe, dass solch ein Zustand auch schon bei Raumtemperatur in Nanokanälen vorkommen kann. Das eröffnet theoretisch auch die Möglichkeit, dies experimentell nachzuweisen. Superionisches Wasser für bessere Akkus? Die Physiker:innen machten noch eine weitere Entdeckung, die sie überraschte: Bei einer Temperatur von 75 Grad und einem Druck von vier Gigapascal kam es erneut zu einer Veränderung des Zustandes. Das Wasser wurde superionisch, was bedeutet, dass die Sauerstoffatome lokalisiert bleiben und eine Art Gitter bilden, während die Protonen des Wasserstoffs durch dieses Gitter hindurchwandern können. Das Resultat ist eine erhöhte Leitfähigkeit. Normales Wasser benötigt 520 Grad und einen Druck von 56 Gigapascal, um superionisch zu werden, was etwa den Druckverhältnissen im tiefen Erdinneren entspricht. „Die Existenz einer superionischen Phase unter relativ leicht herstellbaren Bedingungen ist verblüffend, weil sie normalerweise nur unter extremen Bedingungen wie im Kern der Planeten Uranus und Neptun vorkommt„, so Kapil. Die Studie der Forscher:innen bestätigt, dass Materialien deutliche Veränderungen durchlaufen, wenn sie auf eine oder nur wenige Molekülschichten begrenzt werden. Außerdem konnte das Team die Existenz mehrere exotischer Phasen von Wasser sowie einem ganz neuen Zustand des hexatischen Wassers enthüllen. Diese Entdeckungen eröffnen nicht nur neue Möglichkeiten für experimentelle Untersuchungen, sondern vor allem das superionische Wasser könnte auch in der Praxis nützlich sein. Durch die Erhöhung der Leitfähigkeit zwischen dem Faktor 100 und 1000 bietet sich derartiges Wasser als Grundstoff für leistungsfähigere Akkus an. Die Ergebnisse legen außerdem nahe, dass auch andere Substanzen unter eingeengten Bedingungen deutlich früher in einen superionischen Zustand übergehen können. via University of Cambridge Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter
Ohne Brillen oder Kontaktlinsen: So soll Kurzsichtigkeit schon in jungem Alter unter Kontrolle gebracht werden