Das Thema Entkolonialisierung bewegte die Welt vor allem in den 1960er und 1970er Jahren. Heute hingegen sind die meisten Gebiete und Staaten längst unabhängig. Diskutiert wird daher vor allem über die Folgen der Kolonialisierung, die den Regierungen bis heute Probleme bereiten. Ganz abgeschlossen ist das Thema Dekolonialisierung in Afrika allerdings noch nicht. Denn die Vereinten Nationen führen die Westsahara als letztes Gebiet auf dem Kontinent, wo der Prozess noch nicht erfolgreich. Spanien als ehemalige Kolonialmacht hat seine Truppen allerdings bereits im Jahr 1976 abgezogen. Anschließend wurde das Gebiet aber von Marokko und Mauretanien besetzt. Die mauretanische Regierung beendete das Abenteuer schon drei Jahre später wieder – woraufhin Marokko die gesamte ehemalige spanische Kolonie besetzte. Bekämpft wird die Besatzung durch die Befreiungsfront Frente Polisario, die nach dem Abzug der Spanier die Demokratische Arabische Republik Sahara ausrief. Dieser Konflikt schwelt trotz UN-Vermittlungsbemühungen bis heute. Gregor Rom, CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0>, via Wikimedia Commons Phosphat wird für die Produktion von Dünger benötigt Warum aber hat Marokko ein so großes Interesse an diesem Gebiet? Hier kommen die dort vorhandenen Rohstoffe ins Spiel. In erster Linie geht es um die dort zu findenden Phosphatvorkommen. Denn Phosphor wird dringend für die Produktion von Dünger benötigt. Die weltweiten Vorkommen sind aber begrenzt. Einige Experten gehen sogar davon aus, dass die maximale Fördermenge schon im Jahr 2030 erreicht sein könnte. In Anlehnung an ähnliche Berechnungen beim Erdöl spricht man auch vom Peak Phosphor. Eine hohe Nachfrage trifft also auf möglicherweise rarer werdende Vorkommen – was für stark steigende Preise sorgt. Der Phosphatabbau ist für Marokko daher höchst lukrativ. Folgerichtig wurden die Mengen im vergangenen Jahr sogar noch einmal gesteigert. Den Angaben der Nichtregierungsorganisation West Sahara Resource Watch zufolge stiegen die Exporte von Phosphatgesteinen im vergangenen Jahr auf 1,4 Millionen Tonnen. In den Jahren zuvor schwankten sie rund um die Millionengrenze. Zukünftig will Marokko zudem nicht nur den Rohstoff exportieren, sondern diesen auch direkt vor Ort zu Dünger verarbeiten. Aktivisten üben Druck auf Investoren aus Unumstritten ist der Rohstoffabbau in der Region allerdings nicht. Denn die lokale Bevölkerung wurde weder gefragt noch wird sie an den Gewinnen beteiligt. Streng genommen handelt es sich also um illegale Minen und unerlaubte Exporte. In den letzten Jahren gibt es daher eine stärker werdende Bewegung, die Druck auf Investoren in aller Welt ausübt. Die Forderung: Es darf kein Geld mehr in Unternehmen investiert werden, die Phosphatprodukte aus Marokko beziehen. In einigen Fällen waren die Aktivisten tatsächlich schon erfolgreich. Der norwegische Pensionsfonds verzichtet beispielsweise auf solche Investments. Das chinesische Unternehmen China Molybdenum wiederum versprach, die Geschäftsbeziehungen zu beenden, um die eigenen Investoren zu beruhigen. Noch allerdings sind dies nur kleine Erfolge, weil Marokko in der Lage ist, immer neue Abnehmer zu finden. Eine politische Lösung des Konflikts scheint auch nicht in Sicht zu sein: Das eigentlich schon vor Jahrzehnten versprochene Referendum wird von der marokkanischen Regierung blockiert. Via: taz Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter