Physiker:innen gelang es erstmals, eine Transportbox für Antimaterien zu konstruieren. Ähnlich wie in dem Roman „Illuminati“ von Dan Brown hält in ihr ein supraleitender Magnet die Teilchen in einer Vakuumkammer in Schwebe, sodass sie nicht mit Materie in Kontakt kommen und dadurch ausgelöscht werden kann. Die Transportbox soll verwendet werden, um in Zukunft Antimaterie vom Forschungszentrum CERN in der Schweiz in Labore in ganz Europa zu bringen. Die erste Antimaterie soll zu einem Messlabor in Düsseldorf transportiert werden.


Antimaterie ist das Spiegelbild von Materie

Antimaterie ist sozusagen der physikalische Gegenpart der Materie: Jedes Teilchen hat einen Gegenpart aus Antimaterie, quasi eine Art verkehrtes Spiegelbild. Antimaterie hat das Potential, mehr über das physikalische Standardmodell sowie die bisher unerklärliche Dominanz der Materie über Antimaterie in unserem Universum zu verraten. Allerdings ist der Umgang mit Antimaterie komplex – sie ist nicht nur schwer zu überzeugen, sondern auch zu speichern. Denn wenn ein Antimaterie-Teilchen mit einem normalen Materie-Teilchen in Kontakt kommt, löschen diese beiden Teilchen sich gegenseitig aus.


Aufgrund dieser Komplexität kann bisher nur eine Institution auf der Welt Antimaterie lange genug erhalten, um sie auch zu erforschen, und zwar das Forschungszentrum CERN bei Genf in der Schweiz. Dort gibt es einen speziellen Beschleuniger, der Antiprotonen produzieren kann, die dann zu Antiwasserstoff kombiniert und stark gekühlt werden. Die Teilchen werden dann in speziellen Magnetfallen entsprechend über zwei Monate gelagert werden können.

Es gibt ein Transportproblem

Allerdings ist die CERN-Anlage, die den Beschleuniger beherbergt und in der die Antimaterie aufbewahrt wird, nicht wirklich für hochgenaue Messungen geeignet. Dies liegt unter anderem an den Magnetfeld-Schwankungen, die durch die Beschleuniger-Technik in der Halle erzeugt werden. Deshalb müsste die Antimaterie eigentlich von dort wegtransportiert werden, etwa zu einem Labor an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf. Dort sollen deutlich genauere Messungen durchgeführt werden.

Bisher ist dies allerdings noch nicht möglich – die Antimaterie kann einfach nicht sicher transportiert werden. Im Rahmen des BASE-STEP-Projekts hat ein Team rund um Stefan Ulmer von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf nun einen Transportcontainer entwickelt, der dieses Problem lösen soll. „Der Hauptteil des Transportsystems passt in einen zwei Meter langen, 87 Zentimeter breiten und 1,85 Meter hohen Aluminium-Container„, schreiben die Forscher:innen. Die Anlage ist somit ausreichend klein um einen entsprechend einfachen Transport ermöglichen zu können. Sie passt auf die Ladefläche eines Lastwagens und wiegt etwa eine Tonne. Der spezielle Container soll die Antiprotonen beim Transport so stabilisieren, dass sie nicht mit dem Wandmaterial oder Teilchen von außen in Kontakt kommen. Dazu wurde eine Magnetfalle in die Vakuumkühlkammer integriert.

Erste Tests verliefen erfolgreich

Die Vakuumkammer und die sogenannte Penningfalle liegen im Zentrum eines supraleitenden Magneten, dessen Magnetfeld in Kombination mit zwei beweglichen Elektrodenplatten die Bewegung der Antiprotonen in der Falle kontrolliert. „Während des Transports ist unsere Antimaterie-Falle immer wieder Beschleunigungen und Vibrationen ausgesetzt. Wir mussten daher ein Fallensystem entwickeln, das robust genug ist, um diesen Kräften standzuhalten„, erklärt Christian Smorra von der Universität Mainz, Leiter des BASE-STEP-Projekts.

Im Oktober 2024 wurde das Transportsystem von CERN-Physiker:innen getestet – zunächst jedoch nur mit normalen Protonen. Allerdings geht Smorra davon aus, dass die Ergebnisse mit gewöhnlichen Protonen auch auf Antiprotonen übertragbar sind. Für den Testtransport pumpten die Forscher:innen 70 Protonen in die Magnetfalle, verschlossen diese und transportierten die komplette Anlage dann mit einem Lastwagen über das CERN-Gelände. Dieser Test verlief erfolgreich, die Protonen überstanden die Testfahrt. Es war weltweit das erste Mal, dass einzelne schwebende Teilchen in einer derartigen Falle transportiert wurden.

Nächstes Jahr soll dann ein erster Test mit Antimaterie erfolgen, ebenfalls als Testfahrt über das CERN-Gelände. Anschließend soll der Transport der Antiprotonen nach Düsseldorf vorbereitet werden. Letztlich soll die Anlage den Transport der Antimaterie in Labore in ganz Europa erlauben. Allerdings wird für weitere Strecken noch ein Stromgenerator in die Anlage integriert werden. „Dies ist eine völlig neue Technologie, die uns die Tür öffnet für ganz neue Forschungsmöglichkeiten, nicht nur mit Antiprotonen, sondern auch mit anderen exotischen Teilchen wie ultrahochgeladenen Ionen„, fasst Ulmer zusammen.

via CERN

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