Seit Wochen mahnen Forscher, dass die Faktenlage zum neuen Corona-Virus SARS-CoV-2 zu dünn und eine Bewertung der Wirksamkeit der bestehenden Maßnahmen deshalb nur schwer möglich ist. Zu diesem Zweck läuft in Gangelt, dem Epizentrum der deutschen Corona-Epidemie, derzeit eine Studie unter der Leitung des Virulogen Hendrik Streeck. Auch in München läuft nun eine groß angelegte Studie an, die Antwort zur Wirksamkeit der Maßnahmen gegen das Virus liefern soll. 3000 Haushalte nehmen an der Studie teil Das Projekt in München, einer Gegend, die besonders unter dem Virus leidet, ist noch größer angelegt als die Studie in Gangelt. Unter der Leitung von Michael Hölscher, Direktor des Tropeninstituts der Uniklinik München, sollen dort Menschen in 3000 Haushalten auf Antikörper gegen das neue Corona-Virus getestet werden. Die Stichprobe wird dabei selbstverständlich repräsentativ sein und kann so auf ganz München übertragen werden und sollte zumindest Hinweise zu anderen Regionen geben, in denen es ähnlich wie in München diverse Infektionsherde gibt. Erste Ergebnisse werden für die kommenden Tage und Wochen erwartet. Wie leistungsfähig sind die Krankenhäuser? Wenn das Immunsystem mit einem Krankheitserreger in Kontakt kommt, entstehen Antikörper. Diese bleiben auch nach der Infektion im Blut nachweisbar. Daher können die Forscher mit Hilfe eines Antikörpernachweis relativ sicher sagen, wie viele Menschen im Raum München tatsächlich mit SARS-CoV-2 infiziert wurden. Des Weiteren erhoffen die Forscher sich Erkenntnisse darüber, inwieweit das Virus derzeit die Krankenhäuser belastet und wie weit die Verbreitung eingedämmt werden muss, um Zustände wie in Italien oder den USA zu verhindern. Dies kann indes nur über die bekannten Anteile von schweren Krankheitsverläufen bezogen auf die tatsächliche Zahl der Infizierten abgeschätzt werden. Außerdem sollen Hinweise darauf erlangt werden, wie schnell Kinder ihre Eltern anstecken können. So kann entschieden werden, wann Kinder wieder die Schule oder den Kindergarten besuchen können. Verlässliche Daten sind wichtig Ein genaues Verständnis von der Verbreitung von SARS-CoV-2 ist entscheidend dafür, der Pandemie intelligent zu benötigen. Nur so lassen sich die Parameter für Social Distancing vernünftig und auf einer guten Datenbasis steuern. München ist als Untersuchungsort deshalb gut geeignet, weil es in keiner anderen Stadt und keinem anderen Landkreis so viele nachweislich Infizierte gibt. Stand Freitag wurden in der Hauptstadt Bayerns bisher etwa 3000 Infektionen und 5 Todesfälle bestätigt. Der Beginn für das Projekt in München wurde auf Sonntag festgelegt. An der Studie sind auch 70 Medizinstudenten beteiligt. Das Team wird die ausgewählten Haushalte zu Hause aufsuchen und dort die nötigen Untersuchungen durchführen. Neben Blutabnahmen und Rachenabstrichen sollen möglichst viele Studienteilnehmer über 14 Jahren auch in Interviews Auskunft zu ihren Alltagsgewohnheiten und eventuellen Symptomen in den letzten Wochen geben. Die Tests werden dann über insgesamt ein Jahr mehrmals wiederholt, sodass später auch Aussagen über die Verbreitungsgeschwindigkeit des Virus getroffen werden können. Zusätzlich können die Teilnehmer freiwillig eine Tagebuch-App herunterladen und dort persönliche Kontakte und eventuell auftretende Symptome dokumentieren. Die Forscher hoffen, auch ermitteln zu können, wie viele Menschen sich infizieren, dann aber keine Symptome zeigen. Diese Erkenntnis wäre sehr hilfreich, wenn es darum geht, zu entscheiden, ob eine allgemeine Mundschutzpflicht Sinn ergäbe oder nicht. Deutschlandweites Projekt geplant Die Aussagekraft der Studie wird allerdings dadurch beeinflusst, dass es nach wie vor keinen ausreichend verlässlichen Antikörpertest für SARS-CoV-2 gibt. Die vorhandenen Tests haben noch eine relativ hohe Rate an falschpositiven Ergebnissen. Die Studie in München soll aber auch dafür genutzt werden, Erfahrungen für größere, deutschlandweite Corona-Projekte zu gewinnen. Forscher um Gérard Krause vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig wollen mit Beteiligung des Robert-Koch-Instituts, der Berliner Charité und der Blutspendedienste etwa bundesweit 100.000 Menschen auf SARS-CoV-2-Antikörper testen. Eine solche Untersuchung wäre repräsentativ für ganz Deutschland. Das Projekt soll aber erst im Laufe des Aprils beginnen. via Tropeninstitut am LMU Klinikum München Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter
Ohne Brillen oder Kontaktlinsen: So soll Kurzsichtigkeit schon in jungem Alter unter Kontrolle gebracht werden