Antibiotika sind weiterhin der Goldstandard zur Behandlung von bakteriellen Infektionen. Aber ihr Einsatz will gut überlegt und dosiert sein. Ein neu entwickelter intelligenter Verband erkennt Infektionen in Wunden und gibt in diesen Fällen gezielt Wirkstoffe frei. Der Forscher Fei Pan arbeitet bei der Empa an dem smarten Verband.Bild: Empa Smarter Verband gegen Wundinfektionen Der Einsatz von Antibiotika birgt nicht nur die Gefahr diverser Nebenwirkungen, sondern eine zu freigiebige Nutzung der Wirkstoffe trägt zur Entwicklung von Antibiotikaresistenzen bei Bakterien bei. Das ist keine Kleinigkeit, multiresistente Bakterien stellen in der Medizin ein echtes Problem dar. Zu guter letzt sollten die Wirkstoffe auch einfach nicht verschwendet werden. In der Wundbehandlung ist es jedoch nicht unüblich, präventiv Antibiotika zu verschreiben. Da die Erkennung einer Infektion die Entfernung des Verbands bedingt, werden Wunden oft präventiv mit Antibiotika behandelt, um eine Infektion zu verhindern. Aber auch dann können Infektionen auftreten, nachdem die Wirkung der ersten Dosis Antibiotika abgeklungen ist. Forscher:innen der Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) in der Schweiz haben ein smartes Pflaster entwickelt, mit der die Behandlung von Wundinfektionen mit Antibiotika in Zukunft effizienter gestaltet werden können. Das Pflaster des interdisziplinären Teams rund um Qun Ren und Fei Pan ist quasi mit Medikamenten „beladen“ und reagiert auf Umweltreize, um diese abzugeben. „Auf diese Weise könnten Wunden präzise und im richtigen Moment behandelt werden„, so Fei Pan. Die Temperatur macht den Unterschied Als Umweltreiz, der die Freigabe der Medikamente triggert, wählten die Forscher:innen den Temperaturanstieg, der in einer Wunde erfolgt, wenn diese infiziert ist. Die Freigabe der Wirkstoffe erfolgt dank eines hautverträglichen Polymer-Verbundstoffs, der aus Acrylglas (Polymethylmethacrylat, kurz PMMA), und Eudragit besteht, einem bioverträgliches Polymergemisch, mit dem beispielsweise Tabletten überzogen werden. In die Fasern dieses Verbundstoffs haben die Forscher:innen dann Octenidin eingekapselt, ein Desinfektionsmittel, das schnell gegen Bakterien, Pilze und manche Viren wirkt. „Damit die Membran als „smarter Verband“ wirkt und das Desinfektionsmittel auch tatsächlich freisetzt, wenn sich die Wunde aufgrund einer Infektion erwärmt, haben wir das Polymergemisch aus PMMA und Eudragit so zusammengestellt, dass wir die Glasübergangstemperatur passend einstellen konnten„, so Fei Pan weiter. Die Glasübergangstemperatur bezeichnet die Temperatur, bei der ein Kunststoff von seinem festen Zustand in einen gummiartigen, zähen Zustand wechselt. Die Haut hat im gesunden Zustand eine Temperatur von 32 bis 34 Grad. Wenn die Temperatur infolge einer Infektion steigt, reagiert der Kunststoff und gibt das Desinfektionsmittel frei. Der Prozess ist komplett reversibel und kann bis zu fünf Mal wiederholt werden. In ersten Tests zeigte der Verband die gewünschte Reaktion, sodass die Empa-Forscher:innen sich nun auf das Feintuning des Effekts konzentrieren wollen. Statt in einem Temperaturbereich von vier bis fünf Grad zu reagieren, soll der Verband in Zukunft auch bei kleineren Temperaturunterschieden reagieren. In ersten Laborversuchen verringerte der Wirkstoff die Bakterienbelastung bei Proben mit Staphylokokken und Pseudomonas-Bakterien deutlich. via Empa Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter
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