Plastik, Plastik, Plastik: Unsere Welt ist noch immer voll davon, auch wenn wir inzwischen dagegen anarbeiten. Einen adäquaten Ersatz für das vielseitige Material Kunststoff haben wir noch nicht gefunden, nur in Teilbereichen kommen kompostierbare Stoffe zum Einsatz, die sich aber nicht für alles eignen. Bioplastik kann schimmeln, er verträgt kaum Feuchtigkeit und auch hohe Temperaturen sind für ihn tabu. Jetzt machten Gießener Forscherinnen einen Zufallsfund und entwickelten daraus eine ganze Palette unterschiedlicher hochpotenter Biokunststoffe aus Lebensmitteln. Gehört dem Bioplastik die Zukunft? »Kunststoffüberzug« in der Petrischale Tierökologin Elisabeth Pohlen räumte verärgert hinter ihren Studenten der Gießener Justus-Liebig-Universität im Fachbereich Biologie her, als sie plötzlich innehielt. In einer benutzten Petrischale hatte sich ein Biofilm gebildet, der ihr exakt wie Plastik erschien – als habe sie einen Kunststoffteller in der Hand. Die schuldige Studentin hatte mit Pilzen, Algen und Chitin experimentiert, um einen Nahrungsersatz für Wasserorganismen zu entwickeln. Pohlen wandte sich an ihre Kollegin Susanne Vesper und innerhalb von fünf Jahren entwickelten sie zusammen etwa 30 verschiedene Bioplastikprodukte mit unterschiedlichsten Eigenschaften – vollkommen schimmelfrei. Bioplastik aus Abfällen, die sowieso anfallen Chitin ist der Hauptbestandteil dieser neuartigen Kunststoffe, das Biomolekül ist zum Beispiel im Panzer verschiedener Krebstiere aber auch von Insekten enthalten. Die Fischindustrie entsorgt davon weltweit einige Millionen Tonnen pro Jahr. Womit wir schon beim nächsten Vorteil der Gießener Biokunststoffe wären: Die Materialien bestehen nicht aus potentiellen Nahrungsmitteln oder auf Flächen, die auch der Lebensmittelproduktion dienen könnten. Sie werden rein aus Abfällen gemacht, die sowieso anfallen. Giftige Fungizide sind als Beigabe nicht nötig, auch Ethanol gehört nicht zur Rezeptur. Die Produkte eignen sich nach Ansicht der beiden Forscherinnen für Tüten, Tapeten, Bodenbeläge, für die Innenausstattung von Autos, als Silikonersatz oder als Platinenbeschichtung. Chitin hält Temperaturen von bis zu 600 Grad Celsius stand, sogar Backpapier könnte daraus beschaffen sein. Die Asseln, die den Biokunststoff hinterher verwerten sollten, stürzten sich mit Heißhunger aufs Futter und vertrugen dieses problemlos. Vielleicht revolutioniert Gießen tatsächlich die Welt. Quelle: hessenschau.de Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter
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